FITUG e.V.

Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft

Politik im Netz

[Man kann technisch und sozial brauchbare Instrumente wie Mailinglisten auch zugunsten eines Chat- und Webpopulismus mutwillig in die Freak-, und Nerd-Ecke abschieben. --AHH]

http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/on/8214/1.html


how.to/discuss?

Patrick Goltzsch 02.06.2000

Ein Gespräch mit Christoph Bieber von Politik-Digital über die Beteiligung der Bürger an der politischen Diskussion und mit den Politikern

Die Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss (SPD) und Cem Özdemir (B90/Grüne) möchten bei der Neukonzeption des Datenschutzes das Netz als Diskussionsmöglichkeit mit einbeziehen. Bislang existiert dafür nur eine Web-Site ohne Inhalt: www.modernes-datenrecht.de/ oder www.moderner-datenschutz.de/. Wie das Ziel, den Sachverstand im Netz anzusprechen und zu einer Teilnahme zu bewegen, angegangen werden kann, soll ein Workshop Mitte Juni klären.

[...]

Was halten Sie davon, neben dem Web auch andere Mechanismen zu nutzen? Auf einer Web-Site könnten Informationen zentral lagern, aber für die Diskussion ließen sich andere Verteilungsmechanismen nutzen, so wie sie z.B. aus dem Usenet oder aus Mailing-Listen bekannt sind.

Christoph Bieber: Ich glaube, dass auch längerfristig kein Weg am WWW vorbeiführt, denn für viele ist es der einzige bekannte Weg. Allein das Abonnieren von Mailing-Listen oder von News ruft Probleme hervor. Wir sehen das bei uns, wo jede Woche viele E-Mails mit Klagen eintreffen, das Bestellen und Abbestellen unseres Newsletters würde nicht funktionieren. Das WWW ist die eingängigste Technologie und damit bietet es auch die beste Möglichkeit, viele Nutzer zu einer Beteiligung zu bewegen.

Dazu gehört auch, dass sich bei Web-Angeboten ein stärkeres Ortsgefühl ausprägen kann. So wie ich ins Bürgerhaus gehe, um etwas zu diskutieren, gehe ich zu einer Web-Site, weil ich weiß, da gehen auch andere hin. Das kann sich bei solchen Angeboten viel stärker ausbilden, als wenn ich zehn Diskussions-Mails bekomme, oder wenn ich eine Newsgroup lese und die Threads durchklicke. Deshalb sind auch die Diskussionsforen bei den Parteien - zumindest quantitativ - so stark: Mit der Zeit hat sich um diese Seiten eine Nutzergemeinde gebildet und es ist so etwas wie ein Ortsgefühl entstanden, was die Leute immer wieder dort hinkommen lässt.

Außerdem lässt sich das Angebot von begleitendem Hintergrundinhalt besser und benutzerfreundlicher einbauen, als bei den anderen Möglichkeiten. Vielleicht sind Usenet und Mailing-Listen diskussionstechnisch besser geeignet, aber sie haben noch sehr stark den Ruf der Freaks, der Spezialkulturen. In ihnen würde man auf einen Teil der Mitdiskutierer verzichten müssen.


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