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Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft

Martin Hufner : GNUsic, GPL und Fairness als alternative Rechtsprinzipien im Urheberrecht

http://www.nmz.de/nmz/nmz1999/nmz06/rumpf/doss-hufner.shtml


Jenseits des Eigentums – Zur Theorie des „Copyleft“

GNUsic, GPL und Fairness als alternative Rechtsprinzipien im Urheberrecht

Von Martin Hufner

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In letzter Zeit hat sich eine Art Subkultur ausgeprägt, bei der die Frage nach der Freiheit und der freien und fairen Nutzung geistigen Eigentums eine wichtigere Rolle spielt als die Frage danach, wie man geistiges Eigentum in bare Münze umwandeln könne. So beantwortete der amerikanische Richter Kozinki im Fall „Vanna White vs. Samsung Electronics Inc.“ die Frage nach dem Eigentum kreativer Leistungen auf eine verblüffende Weise. Er meint: „Alle Schöpfer arbeiten auf der Grundlage der Werke, die andere vor ihnen schrieben, beziehen sich auf diese, bauen auf ihnen auf, haben Spaß an ihnen. Wir nennen das Kreativität, nicht Piraterie“. Es handelt sich hier um eine Argumentation, die den kreativen Prozeß als einen gesamtgesellschaftlichen ansieht, nicht als einen, der sich an der Genialität und Einzigartigkeit eines einzelnen Individuums orientiert. Natürlich soll damit nicht die spezielle Leistung und der kreative Prozeß des einzelnen Künstlers in Frage gestellt werden. Nach der Auffassung von Richter Kozinski gibt es im kreativen Bereich aber eigentlich kein Privateigentum. Das registriert ja auch das Recht des Zitierens, wobei dabei Unterschiede gemacht werden zwischen sogenannten wissenschaftlichen und populären Werken. In diesem Bereich gibt es also eine Zwei-Klassen-Kreativität und damit eine unterschiedliche „ethische-gesellschaftliche“ Bewertung.

Es gehört ja zu den Vorteilen unseres Rechtssystems, daß es in der Lage ist, gesellschaftliche Prozesse zu reflektieren und neue Auslegungsformen zu konstituieren. Ich erinnere nur an die Aufhebung der Ungleichbehandlung der Schutzdauer bei Lichtbildern gegenüber Werken der „Kunst“ in den 60er Jahren. Aber es gibt noch immer Ungereimtheiten. Zum Beispiel die Festsetzung der Schutzfrist: 70 Jahre nach dem Tod des Schöpfers sind dessen Werke gemeinfrei, und man fragt sich, warum von heute auf morgen ein Werk nicht mehr als schützenswert gelten sollte, warum vergeht „geistiges Eigentum“ – das sollte man einmal auf den Bereich des Eigentums an Dingen übertragen. Oder der besondere Melodienschutz aus § 24 Abs. 2 Urhebergesetz, den einige Rechtskommentare gar als verfassungswidrig werten.

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