FITUG e.V.

Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft

RPS: Presseerklärung des Virtuellen Ortsvereins der SPD vom 13.03.2000

http://www.vov.de/presseerklaerung/vov_presseerklaerung.phtml?id=88


Presseerklärung des Virtuellen Ortsvereins der SPD vom 13.03.2000

Zensur durch die Hintertür

Berlin. Der VOV lehnt das durch die Deutsche Landesgruppe der International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) und des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft geplante RPS- Filtersystem (Rights Protection System) als erstes rein privatwirtschaftlich organisiertes Zensurverfahren Deutschlands ab und fordert den Verzicht auf jegliche Filtersysteme.

Zwar ist die Erstellung und Weitergabe urheberrechtlich geschützter Musikwerke außerhalb des unmittelbaren Freundes- und Familienkreises illegal, jedoch darf der Kampf gegen illegale Raubkopien nicht dadurch geführt werden, daß sämtliche Datei- und Internetabfragen ins Ausland über ein erzwungenes Filtersystem geleitet werden, was insbesondere auch voellig legale Nutzung verhindern wird.

Die Musikindustrie kann, wie dies bereits geschieht, die Verfolgung des Angebots illegaler Musikdateien auch im Ausland intensivieren, was keinen datenschutzrechtlich bedenklichen Eingriff in die Informationsfreiheit der Nutzer darstellt. Die Einführung von universell einsetzbaren Filtersystemem ist nach Auffassung des VOV jedoch absolut unverhältnismäßig und muß sofort unterbunden werden.

Zudem können Musikdateien auf diese Weise nicht wirkungsvoll blockiert werden, da bereits kleine Veränderungen dieser Dateien deren Filterung unmöglich machen würde. Eine Filterung nach Internetadressen würde zusammen mit urheberrechtswidrigen Dateien auch legale Veröffentlichungen von Künstlern im Netz auf diesen Seiten blockieren.

Solche Filtersysteme eröffnen nach Auffassung des VOV jeder Form von Zensur Tür und Tor, da sie auch die Begehrlichkeiten anderer Interessengruppen wecken werden.

Deutschland befände sich in einer ähnlichen Situation wie China, Singapur und Malaysia, in denen ungefilterte Informationen für den Bürger nicht mehr erhältlich sind oder er nicht mehr sicher sein kann, daß sein Nutzerverhalten nicht doch illegal überwacht wird. Diese Gefahren stehen nach Auffassung des VOV in keinem Verhältnis zu dem Nutzen für die Phonoindustrie.

Im letzten Jahresbericht für das Jahr 1998 macht der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft noch die "wachsende Haushaltsausstattung mit CD-Brennern" als wichtigsten Faktor für die Verluste der Musikindustrie verantwortlich.

Sofern diese Kopien nur für den privaten Gebrauch erstellt werden, sind sie mit der eingeführten Gema-Abgabe auf CD-Roms und CD-Brenner nach deutschem Urheberrecht jedoch bereits abgegolten, somit also völlig legal.

Jeder hat aber mittels eines CD-Brenners auch über den Bereich der legalen Kopie im engsten privaten Familien- und Freundeskreis hinaus die Möglichkeit, illegale Kopien von Musikdateien zu erstellen, ohne das Internet zu benutzen, da das Verhalten jedes einzelnen Besitzers eines CD-Brenners nur in einem Überwachungsstaat zu kontrollieren wäre, in dem der Bürger in seinen eigenen vier Wänden jederzeit kontrolliert wird.

Da die deutsche Phonoindustrie bislang derart eindeutig verfassungswidrige Maßnahmen nicht forderte, bliebe der wirtschaftliche Nutzen für die Musikindustrie durch solche Filtersysteme gering, die Erstellung von Musikkopien außerhalb des gesetzlichen Rahmens würde sich nur verlagern.

Die wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen solcher Filtersysteme für Deutschland wären aber enorm, da eine unbefangene Nutzung des Netzes in dem Bewußtsein, kontrolliert zu werden, beinahe unmöglich wäre.

Die weltweit einmalige Einführung eines privatwirtschaftlich kontrollierten Filtersystems verlagert die Verantwortung für eine Einschränkung der Informationsfreiheit nach Auffassung des VOV in unzulässiger Weise auf eine industrielle Interessengruppe.

Es wird der konstituelle Bestandteil des Internets beseitigt, anonym jede Information ungefiltert erhalten und lesen zu können.

Da die Möglichkeiten derartiger Filtersysteme nur sehr begrenzt sind, deren Gefahren jedoch nicht hoch genug eingeschätzt werden können, lehnt der VOV derartige Versuche ein für alle mal als untauglich und gefährlich ab.


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