FITUG e.V.

Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft

Norbert Geis MdB (CSU) ueber IT-Risiken

http://195.254.74.213/docs/nachrichten/pressemeldungen/showDocument.asp?ID=1387


Bedrohung durch Computerattacken endlich ernst nehmen

15.9.2000 Norbert Geis MdB

Zu dem Ergebnis eines Expertengesprächs der CDU/CSU- Bundestagsfraktion mit Vertretern des Bayerischen Justizministeriums, der Staatsanwaltschaft und des Chaos-Computer-Clubs zu dem Problem der zunehmenden Datennetzkriminalität erklären der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Norbert Geis, und der innenpolitische Sprecher, Erwin Marschewski:

Die Bundesregierung unternimmt keine genügenden Anstrengungen im Kampf gegen die Datennetzkriminalität. Diese Einschätzung ist durch das Expertengespräch mit Vertretern des Bayerischen Justizministeriums, der Staatsanwaltschaft und des Chaos-Computer- Clubs in vollem Umfang bestätigt worden.

Das Internet als weltweites Datennetz hat in den letzten Jahren eine explosionsartige Entwicklung genommen. Seiner inzwischen überragenden Bedeutung für Wirtschaft und Kommunikation in nahezu sämtlichen Lebensbereichen steht ein zunehmender Missbrauch durch kriminelle Handlungen gegenüber. Nach Einschätzung der Experten hat die Datennetzkriminalität in den vergangenen Jahren – auch im Verhältnis zu anderen Deliktsbereichen – stetig zugenommen. Computerattacken der jüngeren Vergangenheit unter Verwendung so genannter Virenangriffsprogramme belegen in alarmierender Weise, dass die weltweiten Datennetze in hohem Maße für Zugriffe Unbefugter anfällig sind. Sie liefern auch dafür Zeugnis, dass Einzelne mit vergleichsweise einfachen Mitteln und innerhalb kürzester Zeit Schäden in Milliardenhöhe anrichten können.

Dieses Bedrohungspotenzial begründet ein offenkundiges Bedürfnis nach einem wirk-sameren Schutz insbesondere vor Computerattacken in offenen Netzwerken. Notwendig ist ein Bündel von Maßnahmen vor allem im Bereich der Prävention. Die Hersteller von Programmen sind aufgerufen, ihre Produkte sicherer zu machen. Aber auch die Nutzer müssen nachhaltig sensibilisiert werden. Dies gilt namentlich auch für die Wirtschaft in Bezug auf die besonders schadensträchtige Wirtschaftsspionage. Der derzeitige Strafrechtsschutz gegen das Freisetzen von Computerviren und ähnlichen Programmen muss ebenso wie die Praktikabilität des geltenden Strafverfahrensrechts einer umfassenden Prüfung unterzogen werden.

Gleichwohl ist die Bundesregierung offensichtlich nicht bereit, das nationale Strafrecht im Benehmen mit Praxis und Wissenschaft einer umfassenden Prüfung zu unterziehen. Sie will vielmehr zunächst den Abschluss von Verhandlungen auf internationaler Ebene abwarten, was zugleich die Gefahr begründet, dass Bundestag und Länder faktisch vor vollendete Tatsachen gestellt werden und die gebotene umfassende Prüfung des deutschen Computerstrafrechts letztlich unterbleibt.

Deshalb werden wir in Kürze eine Große Anfrage in den Deutschen Bundestag einbringen. Wir wollen die Bundesregierung dazu anhalten, die zur Verfügung stehenden Erkenntnisse über die tatsächliche Bedrohungssituation, über Art und Ausmaß der bislang registrierten Computerattacken, aber auch über deren Aufklärung und strafrechtliche Ahndung offen zu legen, mitzuteilen, welche konkreten Maßnahmen die Bundesregierung auf nationaler Ebene endlich einzuleiten beabsichtigt, um der zunehmenden Datennetzkriminalität im allgemeinen und der Bedrohung durch Computerattacken im besonderen entgegen zu treten, sich zu dem Handlungsbedarf zu erklären, der im Bereich der technischen Prävention besteht, um die Sicherheit von Computersystemen zu verbessern, aber auch um das Problembewusstsein der Nutzer zu wecken bzw. zu stärken, über die Tätigkeit tatsächlich und angeblich eingerichteter Arbteitsgruppen zur Bekämpfung der Datennetzkriminalität zu informieren, von der Industrie vereinbarte Sicherheitsstandards und Selbstverpflichtungen sowie das Produkthaftungsrecht auf den Prüfstand zu stellen, eine entsprechende Aufklärung in den Schulen und in den Medien zu initiieren, die einschlägigen Strafbestimmungen (insbesondere §§ 202a, 303a, 303b, 316b StGB sowie § 17 UWG) sowie die geltenden Strafdrohungen auf den Prüfstand zu stellen und die erkannten strafrechtlichen Lücken unverzüglich zu schließen, die im Bereich der Aufklärung von Computerstraftaten mit den Händen zu greifenden Defizite, insbesondere im Strafverfahrensrecht, umgehend zu beseitigen, die Umsetzung der angestrebten internationalen Übereinkommen angesichts der rechtlichen und tatsächlichen Komplexität bereits jetzt vorzubereiten und die gebotene Beratung im Parlament zu gewährleisten.

Wir hoffen sehr, dass sich die Bundesregierung auf unser Drängen endlich bereit findet, die erforderlichen Schritte einzuleiten. Anderenfalls wird die rasante Entwicklung der Datennetzkriminalität nur schwerlich einzuholen und der Eintritt verheerender Schäden nur eine Frage der Zeit sein.


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