FITUG e.V.

Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft

Neigungen

[WICHTIG: Meldungen u.a. im Heise-Ticker, wonach der Prozess in erster Instanz entschieden sei, treffen _nicht_ zu. Die Kammer hat nur durchblicken lassen, wohin sie tendiert. Die Verkuendung der Entscheidung steht noch aus. --AHH]

http://www.jurawelt.com/Anwaelte/Gerichtsreportagen/402


IN SACHEN

Münz gegen Symicron GmbH

Mündliche Verhandlung vor dem LG Düsseldorf am 20.09.2000

- ein Prozeßbericht -

[...]

Der Prozeß fand in einer entspannten Atmosphäre vor voll besetzten Reihen statt. Bei Zivilprozessen ist dies eher selten. Es zeigte sich, daß Düsseldorf nicht München ist, jedenfalls in dieser Hinsicht wenig Ähnlichkeiten bestehen. Gleich eingangs während der knappen Einführung in den Sach- und Streitstand wies die vorsitzende Richterin der 2a-Kammer des LG Düsseldorf darauf hin, daß die Kammer dazu neige eine Verwechslungsgefahr nicht anzunehmen, sehr zur Enttäuschung des Freiherrn von Gravenreuth, der sich wohl bessere Aussichten ausmalte und zur Freude des Publikums. In letzter Zeit scheint das “Glück” den “Freiherrn” zu verlassen. Der Kläger erschien persönlich mit RA Stadler. Es wurde erwartungsgemäß streitig verhandelt, so daß die Sachanträge aus dem Schriftsatz gestellt wurden. Da seitens des Gerichts ein Schriftsatz an Herrn von Gravenreuth übergeben wurde, der ihm kollegialiter vorab bereits per Fax übersandt wurde, beantragte er eine Schriftsatzfrist, auch wenn scheinbar bereits alles gesagt worden ist. RA Krieger als Beistand für RA Stadler gab seiner Freude über die Neigungen des Gerichts dadurch Ausdruck, daß er der Vorsitzenden Richterin entgegnete, er würde diese Neigung gern verstärken. Gravenreuth versuchte mit der Kammer zu argumentieren und wies auf erfolgreiche Verfahren hin, die Abmahnungen als rechtmäßig bestätigt hatten. Das anderweitig geäußerte Argument von RA Krieger, gegen Abmahnungen seien nur negative Feststellungsklagen erfolgreich, bestätigte sich auch diesmal, zumal es dazu führt, den Gerichtsstand selbst zu bestimmen und anzugreifen, statt angegriffen zu werden. (s. die Ausführungen unter http://www.juramail.de/aufsaetze). Die Vorsitzende Richterin bedeutete dem Beklagtenvertreter jedoch, daß sie diese unterschiedliche Rechtsprechung sehr wohl kenne und referierte kurz die unterschiedlichen Gewichtungen, sah aber keine Veranlassung, von der geäußerten “Neigung” abzugehen. Nunmehr führte Gravenreuth die Berufung vor dem OLG Düsseldorf ins Feld, worauf ihm seitens des Gerichts erwidert wurde, daß man davon ausgehe, daß dies nicht die letzte Instanz sei, dies aber an der Tendenz nichts ändere. Die Berichterstatterin in diesem Verfahren führte im Verlauf der recht kurzen Verhandlung sehr fundiert aus, warum das Gericht dazu neige, eine Verwechslungsgefahr nicht anzunehmen und ging auch kurz auf das Problem beschreibender Marken ein. Wenn die Marke “Explorer” nicht beschreibend ist, dürfte es kaum noch beschreibende Marken geben. Das Gesetz des Dschungels würden dann das Internet beherrschen und Raubritter würde gegen Raubritter kämpfen. Ein Sinn, den das Netz ursprünglich unter keinem Aspekt hatte.

[...]


RA Dr. Krieger schrieb dazu in einer Anwalts-ML: "Bisher hat nur die Vorsitzende in der muendlichen Verhandlung geaeussert, die Kammer neige dazu, keine Verwechselungsgefahr anzunehmen. Beide Parteien haben noch eine Schriftsatzfrist. Im Uebrigen ist die Sache zum Spruch gestellt. Die Begruendung bleibt ohnehin noch abzuwarten. namentlich zu der Frage eines Links auf eine US-Seite (es koennte auch eine aus Barbados sein), die ein Produkt mit einem eine deutsche Marke verletzenden Namen anbietet, hat sie sich nicht geaeussert. Die Klaerung dieser Frage sollte der Musterprozess eigentlich dienen."

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