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Lauschangriff im Netz

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SPIEGEL ONLINE - 20. Oktober 2000, 17:58 URL: http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,99051,00.html

Netzdepesche Lauschangriff im Netz

Von Christiane Schulzki-Haddouti

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir und Wirtschaftsminister Werner Müller könnten derzeit eine Vorstrafe riskieren. Folgt man dem gerade veröffentlichten 22. Entwurf zum "Cybercrime-Abkommen", müsste man eigentlich ihre Rechner konfiszieren - und den E-Mail-Verkehr der beiden künftig überwachen.

Cem Özdemir, innenpolitischer Sprecher der Bündnisgrünen im Bundestag, wäre jetzt vorbestraft. Er veröffentlichte auf seiner Homepage ein Porträt über die Ausländerbeauftragte Marieluise Beck. Geschrieben hatte es die Journalistin Kerstin Schneider für die "taz". Eine Erlaubnis zur Zweitverwertung hat Özdemir nicht eingeholt. Ginge es nach den Autoren des Cybercrime-Abkommens im Europarat könnte die Polizei deshalb Özdemirs E-Mails überwachen oder seinen Computer zu Zwecken der Beweissicherung beschlagnahmen.

Auch Bundeswirtschaftsminister Werner Müller wäre längst im Visier der Fahnder. Auf dem IT-Sicherheitsserver seiner Behörde finden sich etliche Artikel von Autoren, die dazu nicht explizit ihre Einwilligung erteilt haben. Damit haben Müller wie Özdemir gegen Urheberrechtgesetz verstoßen - natürlich bereits jetzt, unter geltendem Recht, aber mit weniger weitreichenden Implikationen.

Das Cybercrime-Abkommen, dessen 22. Entwurf mittlerweile veröffentlicht wurde, sieht als Abhörgrund aber nicht nur Verstöße gegen das Urheberrecht und das Copyright an. Strafbar macht sich, wer sich unberechtigt Zugang zu einem Computersystem verschafft. Dazu gehört auch das Abfangen von Datenübertragungen und das Abgreifen elektromagnetischer Strahlungen. Aber auch wer Daten verändert, verfälscht oder gar zerstört, hat eine Straftat begangen. Ebenso, wer Passwörter oder Zugangscodes an Unbefugte weitergibt.

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