FITUG e.V.

Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft

GI: Software-Engineering braucht Patente

http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/8770/1.html


Software-Engineering braucht Patente

Stefan Krempl 21.09.2000

Die Führungsspitze der Gesellschaft für Informatik spricht sich für die Einführung von Softwarepatenten aus und plädiert für eine Förderung der Grundlagenforschung

Während die Netzpolitiker aus SPD und CSU gerade überein gekommen sind, dass nur ein "Patent-Moratorium" die Innovationsoase im Open- Source-Bereich retten kann, will das Präsidium der Gesellschaft für Informatik der Softwaretechnik den Patentschutz nicht länger verwehren. Hinter dem Plädoyer steckt die Angst, dass die professionelle Software-Entwicklung in Europa den Anschluss an die USA sonst nicht findet.

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Ein weiteres Manko im Vergleich mit den USA glaubt der GI-Präsident mit den in Europa noch weitgehend fehlenden Möglichkeiten zur Patentierung von zukunftsträchtigen Software-Entwicklungen ausgemacht zu haben. "Nimmt man den Begriff der Softwaretechnik ernst", sagte Mayr in seiner Eröffnungsrede der Tagung, "dann sollte man Erfindungen dieser Technik auch nicht grundsätzlich den Patentschutz verwehren." Anders als mit einer "ingenieursmäßigen Herangehensweise" seien die immer komplexer werdenden Aufgaben der Informatik schließlich nicht mehr zu bewältigen. Und in den Ingenieurswissenschaften sei es nun einmal der traditionelle Weg, technische Erfindungen mit Patenten zu schützen.

Die "sehr emotional" geführte Debatte um die Frage der Patentierung von Software kann Mayr daher nicht ganz verstehen. Als Gegner stehen sich in der von der Europäischen Kommission mit ihren Vorschlägen zur Angleichung der Patentierungspraktiken für Software in Europa und den USA ausgelösten Diskussion vor allem die Open-Source-Gemeinde und Konzerne gegenüber. Noch können in Europa Computerprogramme "als solche", wie es im Europäischen Patentübereinkommen heißt, nicht mit einem Patent belegt werden. In den USA können dagegen Patente nicht nur auf Software, sondern auch auf Geschäftsmethoden problemlos beantragt werden. Nachdem sich die Verwaltungsratsvorsitzenden des Europäischen Patentamtes Anfang September bereits für Softwarepatente ausgesprochen haben, soll die Änderung nun im Rahmen der "Diplomatischen Konferenz" der Europäischen Patentämter am 20. November in München beschlossen werden.

Kritiker der Entwicklung fürchten allerdings, dass damit der "Patentwahnsinn" aus den USA auch in Europa hoffähig und der Fortschritt blockiert wird. Sie verweisen auf Fälle wie ein Shopping- Patent für Amazon.com, das Konkurrenten das Verkaufen im Web mit "einem Klick" untersagt, oder auf ein angekündigtes Patent der Firma DE Technologies, das virtuelle Transaktionen über nationale Grenzen hinweg lizenzpflichtig machen würde. Die Programmierer von Open- Source-Software, die gemeinschaftlich Produkte wie Linux entwickeln und dabei auf frei verfügbaren Code zurückgreifen, hätten zudem das Nachsehen, weil sie verstärkt jede Programmzeile auf patentgeschützte Algorithmen hin prüfen müssten. Die Strategie, selbst Patente auf ihre frei verfügbaren Programme zu beantragen, greift für sie zudem nicht, da sich die Gebühren auf mehrere tausend Mark summieren und kostenpflichtige Lizenzen in der Community als tabu gelten.

Hilfe zum Anfechten von Patenten

Andrea Grimm, Vizepräsidentin der GI, glaubt trotzdem, dass sich Open Source und Patentschutz wunderbar ergänzen können: "Die Lizenzierungsmöglichkeiten reichen aus, dass die Verwendung der patentierten Software für alle möglich bleibt." Welche Vorteile Programmierer von freier Software aus einer Patentierung ihrer Werke ziehen sollten, wusste die IBM-Managerin allerdings nicht zu sagen.

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