FITUG e.V.

Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft

Domain-Rebellen, die ICANN und die digitale Spaltung

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aus Anlass zu der aktuellen Diskussion ...

http://heise.de/newsticker/data/jk-13.03.01-005/

----CUT---- Domain-Rebellen, die ICANN und die digitale Spaltung [14.03.2001 00:21 ] Pascal Bernhard bringt die Stimmung zahlreicher Netzbürger auf den Punkt: "Wir sind es leid, auf neue Top Level Domains zu warten." Zumal die von der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN[1]) im November beschlossene[2], sich aber immer wieder verzögernde[3] Erweiterung der Datenautobahn um sieben neue, auf Namen wie .aero, .biz, .coop, .museum oder .pro getaufte Spuren den deutschen Nutzern wenig bringe. Also hat der Geschäftsführer des Internet-Dienstleisters Cube[4] zusammen mit den Chefs einer Handvoll weiterer Netzunternehmen einfach eine Registrierungsstelle für alternative gTLDs, das BeatNIC[5], gegründet.

Seit Ende vergangener Woche können Surfer bei dem virtuellen Zentrum kostenlos Adressen unter 20 neuen TLDs anmelden. Die bunte, tatsächlich weit gehend auf deutschsprachige Nutzer zugeschnittene Palette reicht von .auto, .bahn und .buch über .gbr oder .inmode bis hin zu .oeko und .pharma. Der Andrang übersteigt laut Bernhard alle Erwartungen: "Wir registrieren wie die Weltmeister." 2.000 neue Domains habe BeatNIC innerhalb der ersten Tage nach dem Startschuss bereits eingetragen.

Mit dem DeNIC[6], der Frankfurter Verwaltungsgesellschaft für bereits über vier Millionen Adressen[7] innerhalb der .de-Domain, können die Revoluzzer damit zwar noch nicht konkurrieren. Doch BeatNIC ist keineswegs die einzige Alternative zu den von der ICANN gebilligten Verkäufern von Webimmobilien. Zu den Pionieren der Szene gehören neben dem AlterNIC[8] oder der Open Root Server Confederation (ORSC[9]), auf deren Idee auch BeatNIC aufbaut, der ehemalige New Yorker Netzkünstler Paul Garrin mit seinem Name.Space[10] oder die US-Firma Image Online Design[11], die ohne offiziellen Segen die Domain .web betreibt. Doch bisher spielten die parallelen Netzwelten eine zu vernachlässigende Nebenrolle. Alternative Root-Server, schätzt Joe Baptista, der Betreiber der Domain .god, hätten im vergangenen Jahr nicht mehr als 5,5 Prozent des gesamten Netzverkehrs auf sich gezogen. [...]

Doch der Staub, den Projekte wie New.net oder BeatNIC momentan aufwirbeln, bringt auch Kritiker der wild wachsenden Netzkolonien auf den Plan. Denn selbst wenn New.net TLDs wie .mp3 mit viel besuchten Sites wie MP3.com vermarkten will und Kooperationen mit den großen amerikanischen Providern Earthlink, Excite und Netzero abgeschlossen hat, sind die alternativen Domains für die Mehrheit der User bisher nicht erreichbar. Da sie von der ICANN, die in Absprache mit dem US-Wirtschaftsministerium und vertreten durch Verisign Global Registry über das allgemeine Domain Name System (DNS) wacht, nicht akzeptiert werden, landen sie nicht im a-Root-Server[16] und auch nicht in der DNS-Server-Software der meisten Provider, die Domain-Abfragen weiterleitet und beantwortet. Interessierte Nutzer müssen ihre DNS-Einstellungen in der Regel manuell ändern, um die nicht-autorisierten Netzwelten zu erreichen.

Vint Cerf, Vorstandsvorsitzender der ICANN, hält die Bemühungen der alternativen Domainbetreiber daher schlicht für einen "Trick". Der Netzpionier befürchtet eine neue Form der digitalen Spaltung zwischen Surfern und Providern, die ihre Einstellungen für die Kolonialisten öffnen, und jenen, die bei den ICANN-Vorgaben bleiben. Das Eingeben einer URL könnte bei immer mehr Nutzern daher zu vollkommen unterschiedlichen Ergebnissen führen. Selbst beim Versenden einer E-Mail könne man sich beim Vordringen alternativer TLDs nicht mehr sicher sein, wo sie lande. [...]

Doch damit sind die Demonstranten gegen das ICANN-Monopol wieder beim Ursprungsproblem angekommen. Denn ohne eine weit gehend zentralisierte Kontrollorganisation läuft letztlich auch im "chaotischen" Internet wenig. Ein Vorteil der Rebellenbewegung zeichnet sich aber bereits ab: Die ICANN-Entscheider spüren trotz aller zur Schau gestellten Lässigkeit den Druck von unten und dürften sich bei der zweiten Phase der Akkreditierung neuer gTLDs etwas beeilen. [...]

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Michael

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