FITUG e.V.

Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft

Prof. Dr. Ulrich Sieber: «Code as code»?

http://www.nzz.ch/netzstoff/2001/2001.05.29-qo-article7ERE2.html


«Code as code»?

Lässt das Internet die nationalen Strafrechtssysteme ins Leere laufen?

Das aus der US-Rechtswissenschaft stammende Schlagwort vom «Code as code» umschreibt die Frage, ob der «Programm-Code» der modernen Informationstechnik den klassischen «Gesetzes-Code» dominiert oder sogar ersetzt. Können Recht und (Rechts-)Politik in der Welt des Internets überhaupt noch Vorgaben setzen, oder überrollt die Dynamik der Technik die nationalen Rechtssysteme? Diese Fragestellung wird bei der Bekämpfung von illegalen Inhalten im Internet besonders anschaulich.

Von Prof. Dr. Ulrich Sieber*

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Eine umfassende Kontrolle des laufenden Datenverkehrs durch Netzwerk- und Access-Provider wäre aber auch rechtspolitisch nicht wünschenswert: Im Internet werden über die gleichen Netzknoten nicht nur öffentliche Inhalte übertragen, sondern auch private Post und andere vertrauliche Daten. Für eine effektive «Filterlösung» wäre deswegen eine Gesamtkontrolle und letztlich ein Verschlüsselungs- Verbot erforderlich. Dies würde nicht nur einen massiven Eingriff in das Fernmeldegeheimnis bedeuten, sondern auch eine totale Überwachung der Bürger. Möglichkeiten zur Kontrolle der Access- und Network- Provider kommen daher allenfalls in speziellen Bereichen oder Einzelfällen in Betracht, wenn bestimmte Daten (z. B. durch Prüfsummen oder durch sogenannte Wasserzeichen) vor ihrer Übertragung bewertet, manipulationssicher gekennzeichnet und - ohne Verletzung des Fernmeldegeheimnisses - in Echtzeit analysiert werden könnten. Möglich ist auch eine Sperrung von bestimmten Internet-Adressen; in der Praxis sind derartige Sperrungen auf Grund vielfältiger Umgehungsmöglichkeiten jedoch meist von sehr begrenzter Wirksamkeit und oft auch mit schweren Behinderungen des legalen Datenverkehrs verbunden.

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