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[FYI] Leben unsere Schüler auf dem Mond?



http://www.kn-online.de/htm/aktuell/lok/c-Wirtschafts-Junioren.htm
http://www.kn-online.de/htm/aktuell/lok/c-kpmmentar.htm

Leben unsere Schüler auf dem Mond? 

Berufsbörse: Veranstalter enttäuscht über 
Desinteresse und falsche Vorstellungen

"Mit einer Drei in Mathematik könnte ich noch
leben", sagt Knut Nicholas Krause: "Mit mangelnder
Motivation nicht." Die 20 Schüler im Klassenraum
des Gymnasiums Elmschenhagen machen große Augen, 
als der Geschäftsführer und Gründer des Kieler 
Software-Unternehmens KNK in punkto 
Einstellungsvoraussetzungen für Fach-Informatiker 
Klartext redet. Wie und wo es in den Betrieben 
wirklich langgeht, vermittelten Unternehmer und 
leitende Angestellte den Schülern bei einer 
Vorstellung von 17 Berufen. 

Trotz der Beteiligung von rund 230 Gymnasiasten 
machten die Veranstalter keinen Hehl aus ihrer
Enttäuschung. "Wir haben 31 Schulen vom Gymnasium 
bis zur Hauptschule angeschrieben - angemeldet 
haben sich aber nur vier Gymnasien", berichtet 
der Mitbegründer des Arbeitskreises Schule/Wirtschaft 
der Kieler Wirtschaftsjunioren, Berndt Schmidt, 
von den umfangreichen Vorbereitungen des 
Pilotprojektes.

Auch an den seit einem Jahr stattfindenden Treffen 
von Unternehmern mit Pädagogen zur Verbesserung 
der Übergangs von Schule ins Berufsleben nähmen 
maximal sechs Lehrer teil - fast ausschließlich 
von Gymnasien. Als Begründung für das mangelnde 
Interesse vermutet Schmidt: "Die meisten Lehrer 
sind froh, wenn sie mit ihrem Stoff durchkommen. 
Da wird dann keine Zeit mehr für außerschulische 
Veranstaltungen investiert." Dabei sei 
Handlungsbedarf an der Schnittstelle von Schule 
und Ausbildung dringend geboten. Schmidt: "Die 
Erwartungen der Unternehmen an ihre künftigen 
Auszubildenden und die Vorstellung der Jugendlichen 
von ihrer beruflichen Zukunft klaffen immer weiter 
auseinander." 

Diese Diskrepanz spürten auch die Jung-Unternehmer 
des Arbeitskreises bei ihren Vorträgen in 
den Klassenzimmern des Gymnasiums Elmschenhagen. 
"Irgendwann will ich doch auch mal richtig Geld 
verdienen", meinte eine Schülerin, als ihr die 
schmalen Einstiegsgehälter im Lebensmittel-Einzelhandel 
genannt wurden. Marten Freund, Geschäftsführer eines 
Kieler Schlemmermarktes, konterte trocken: "Kannst 
du auch, aber erst will ich Leistung sehen. Wer um
17 Uhr schon ungeduldig wird und nach Hause will, 
der hat schlechte Karten."

Wie ein roter Faden zog sich das Rezept für einen 
erfolgreichen Berufseinstieg durch die Vorträge
der Referenten: Lust auf den Job, Engagement auch 
über die Regelarbeitszeit hinaus, Bereitschaft
zu permanenter Fortbildung, Fähigkeit zur Kommunikation 
mit Kunden und Kollegen. "Da haben viele Schüler 
einen ganz schönen Schreck bekommen", zog Berndt 
Schmidt sein Fazit. Nicht planbare Freizeit, viele 
fachliche und persönliche Voraussetzungen - das 
habe viele der Schüler bei ihren Berufswünschen 
"ziemlich verunsichert". Doch diese Verunsicherung 
hält der Prokurist einer Großbank für fruchtbar: 
"Denn erst diese Unsicherheit sensibilisiert die 
Schüler für die Realität." Um deren Realitätssinn 
weiter zu steigern, soll die Veranstaltung im 
kommenden Jahr wiederholt werden. Doch damit nicht 
genug. Schmidt: "Die dem Arbeitskreis angeschlossenen 
Unternehmer werden in Zukunft zusätzliche Praktika 
für Jugendliche anbieten, die trotz eigener Bemühungen
keine ausreichenden Möglichkeiten hatten, ihre 
Fähigkeiten unter Beweis zu stellen." Die 
zunehmende Orientierungslosigkeit in punkto 
Berufswahl und die oft unrealistische Einschätzung
ihrer Fähigkeiten erklärt sich Schmidt so: "Viele 
leben in der Schule wie unter einer Glocke, unter
der sie ohne Ende behütet werden." JÜRGEN KÜPPERS

Kommentar Seite 2

Interessierte Pädagogen aller Schularten können am 
nächsten Treffen der Wirtschaftsjunioren am 13. 
März ab 20 Uhr im Max-Filmcafé (Eichhofstraße 1) 
teilnehmen. 


Der Kommentar zur Initiative der Kieler Wirtschaftsjunioren

Pädagogen ignorieren Chance

Die Jung-Unternehmer aus dem Kreis der Kieler
Wirtschaftsjunioren haben ein ungewöhnliches
Zeichen gesetzt. Statt in den von Misstönen 
begleiteten Klage-Chor von Arbeitgebern über
unzureichende Motivation und Qualifikation 
von Schülern für das Berufsleben mit einzustimmen,
greifen sie zur Selbsthilfe - reden in Schulen 
Klartext über ihre Erwartungen, suchen auch das
Gespräch mit Lehrern. Doch nur wenige Pädagogen 
nehmen davon Notiz. 

31 Kieler Schulen von der Hauptschule bis zum 
Gymnasium wurden für das nun gestartete
Pilot-Projekt "Vorstellung von Berufsfeldern" 
angeschrieben. Ganze vier davon haben die 
Möglichkeit zum direkten Gespräch mit den 
Praktikern aus der Wirtschaft genutzt. Auch 
bei den anderen Aktivitäten der Jung-Unternehmer 
ist die Resonanz kaum besser. Praktikumsplätze 
in den Betrieben für Lehrer bleiben unbesetzt. 
Zum Erfahrungsaustausch mit Unternehmern kommen
- wenn überhaupt - maximal sechs Pädagogen. 

Was die Unternehmer hier auf den Weg gebracht 
haben, ist die Chance zu einer Verbesserung des
Übergangs von Schule in den Beruf, an dem es 
noch gewaltig knirscht. Denn die Erwartungen von
Jugendlichen und die berufliche Realität driften 
immer weiter auseinander. Wer Angebote für eine
Verbesserung weiter ignoriert, darf sich nicht 
wundern, wenn sich das Klischee vom trägen
Beamten-Lehrertum weiter verfestigt. 

JÜRGEN KÜPPERS 

-- 
"At the end of the day, a culture is ruled not just by its laws but by
its 
 social norms. The social norms of the Internet and of the Open Source 
 community, which have proven so productive in the development of the
Web, 
 need to be recognized, honored, and upheld." -- Tim O'Reilly