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Re: Recht auf Anonymität?



"Dr.Horst-Walter Schwager" schrieb:

> In welchen deutschen Gesetzen ist das Recht auf Anonymität
> festgeschrieben? 

Im Grundgesetz - aber nicht ausdrücklich ! Als Recht auf informationelle
Selbstbestimmung, wobei Art. 10, je nach Perspektive, auch eine gewisse
Rolle spielt (vgl. jüngstes G-10 Urteil). In einfachen Gesetzes gibt es
verschiedende Konkretisierungen. Bps. Teledienstegesetz. Aber auch in
der StPO finden sich Zeugenschutzvorschriften, die i.w.S. ein Recht auf
anonymität gewährleisten sollen (meist gegenüber Dritten oder zum Schutz
vom V-Leuten oder verdeckten Ermittlern).Schließlich noch im allg.
Persönlichkeitsrecht, wobei dessen Verhältnis zum RiS eher diffus ist. 

Entfernt taucht dieses Recht zur Anonymität auch in den
Informationsgesetzen/vorschriften (z.B. Umweltinformationsgesetz) auf -
richtet sich dann aber gegen Einsichtnahme von Akten etc. durch
neugierige Dritte. Die Grundbuchordnung ("Wer darf kucken, welche
Hypotheken auf dem Grundstücklasten) schützt auch irgendwie die
"Anonymität" im entfernten Sinn

Also: Gegenüber dem Staat vermittelt das GG ein, wenn auch nicht
schrankenloses, Recht auf Anonymität. Wurde leider vor lauter Video- und
Netzüberwachung vergessen. Schlimmer: Den Gesetzesvorbehalt ("nie ohne")
hat man im Netz gleich auch über Bord geworfen. Und es ist ein Eingriff
! Wer mir nicht glaubt, ziehe sich doch bitte mal die neueste G-10
Entscheidung des BVerfG rein. Zwar zur reinen Individualkommunikation,
doch ich man kann die kaum auf Email reduzieren...im übrigen ist m.E.
auch Massenkommunikation betroffen. Nur die Rechtfertigung eines
Eingriffs fällt leichter. Wenn man nicht über das (erweiterte)
Zensurverbot argumentiert :-)  

	"Da Art. 10 Abs. 1 GG die Vertraulichkeit der Kommunikation schützen
will, ist jede Kenntnisnahme,
        Aufzeichnung und Verwertung von Kommunikationsdaten durch den
Staat Grundrechtseingriff (vgl.
        BVerfGE 85, 386 <398>)." 

Exkurs: Was glaubst Du, wenn das BKA unter Berufung auf die zulässige
Videoüberwachung durch die Länder (!) (wobei genau diese Diskussion die
Rechtswidrigkeit der Umtriebe des BKA schön aufzeigt) die Pirsch noch
weiter ausdehnt. "Gefährliche Orte" (wobei Gefahr hier nicht mehr
polizeirechtlich verstanden wird) fallen mir viele ein. Schon ein
Musikforum ist - wenn man mal die "gefährdeten" Rechtsgüter im Netz
anschaut "gefährlich". Ich kann mich aber noch gut erinnern, wie ein
"Techniker" die Forderung nach klaren gesetzlichen Grundlagen zumindest
für das BKA ziemlich polemisch als "Formalismus" abgetan hat. Fürs Video
bekommen wir die Grundlage jetzt jedenfalls. Doch: Warum ist die für die
Videokamera (vor dem Gottlieb-Daimler-Stadion) notwendig aber für
wesentlich tiefgehendere Eingriffe im Netz nicht?  Und unser verdeckter
Ermittler Meseke surft, speichert und verwertet lustig weiter...*Bah*

Unter Privatleuten (z.B. im Pressrecht) "erleuchtet" das allg.
Persönlichkeitsrecht die Rechtsbeziehungen mit verfassungsrechtlichen
Nuancen.

Ade,
Sierk