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Re: Atlantic Monthly wuerdigt Kaczynski
Heiko:
> Weltregierung ist ja ein alter Traum, mehr oder weniger, die Weltkriege
> usw. Kannst Du trotzdem mal ausfuehren, was Du meinst ? Bei Harvard
> Psychologen faellt mir sonst nur Leary ein...
...der später begeistert mit Murray zusammenarbeitete (s. Artikel!).
Aber das meine ich nicht, mir fiel das schon beim Lesen der
Biografie[*] von John Nash auf, die ich im Folgenden als Korrektur
meiner Behauptung zitiere (S.321).
Während Nashs Studienzeit in Princeton hatte die Idee einer
Weltregierung und das damit verbundene Konzept einer globalen
Staatsbürgerschaft ihren Höhepunkt erlebt. Diese Vorstellungen
waren in der Science-Fiction-Literatur der fünfziger Jahre sehr
verbreitet, die Nash als Student und auch später noch verschlungen
hatte. Die Weltbürgerbewegung hatte sich nach dem Zusammenbruch
des Völkerbundes in den dreißiger Jahren formiert und drang mit
überwältigender Macht einige Jahre nach Beendigung des Zweiten
Weltkriegs ins nationale Bewußtsein Amerikas ein. Princeton war
der Mittelpunkt der Bewegung, vor allem, weil dort die Physiker
und Mathematiker, so etwa Albert Einstein und John von Neumann,
lebten, die das nukleare Zeitalter eingeläutet hatten[7].
John Kemeny, ein früherer Kommilitone von Nash und glänzender
Logiker, der zuvor Assistent Einsteins gewesen war und später
Präsident des Dartmouth College wurde, war der Anführer der
Weltföderalisten.
Es gab jedoch einen Vertreter der Weltbürgerbewegung, der Nashs
Phantasie besonders anregte, und dieser war ein Einzelgänger
wie er selbst. Gemeint ist der ehemalige Bomberpilot Garry Davis,
ein Sohn des Bandleaders Meyer Davis; man sah ihn stets in einer
Lederjacke, und Davis war auch als Schauspieler am Broadway
aufgetreten. 1948 war er in die amerikanische Botschaft in Paris
gekommen, hatte dort seinen Paß abgegeben und wollte seine
amerikanische Staatsbürgerschaft annullieren lassen[8]. Danach
versuchte er die Vereinten Nationen zu überzeugen, ihn zum 'ersten
Weltbürger' auszurufen[9]. Davis war "des Krieges und den Gerüchten
eines nahenden Krieges überdrüssig" und wollte eine Weltregierung
ins Leben rufen[10]. "Jede Zeitung brachte die Geschichte auf der
ersten Seite" schreibt der Kolumnist Art Buchwald in seinen
Memoiren über seine Zeit in Paris[11]. Albert Einstein, achtzehn
Mitglieder des britischen Parlaments sowie eine Menge französischer
Intellektueller, beispielsweise Jean-Paul Sartre und Albert Camus,
hatten sich öffentlich mit Davis solidarisch erklärt[12].
(Man kann sagen, das von Neumann und Nash die Väter der Spieltheorie sind,
und damit einen Gutteil der Erfolge der modernen Ökonomie auf dem Konto
[NPI] haben, von der Aussenpolitik mal ganz abgesehen. Nash bekam 1994
den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften.)
In jedem Fall wird in den Staaten nun teilweise aufgearbeitet,
was auch hier erst wenig Thema war (und wofür ich Wau mit seiner
Sig dankbar bin), nämlich Menschenrechtsverletzungen seitens
Psychologen bzw. Medizinern. Aber Vorsicht, schliesslich sollen
Scientologen hier keine Argumente bekommen --- ihre Methoden haben
sie sich ja offensichtlich schon von jmd wie Murray abgeguckt.
Und doppelt Vorsicht, denn das könnte sogar die aktuelle Politik
betreffen, siehe den internat. Streit um Zwangsadoptionen und
die Behandlung durch Jugendämter bzw. Psychologen.
[*] Sylvia Nasar: "Auf den fremden Meeren des Denkens. Das Leben
des genialen Mathematikers John Nash"
Die vorsichtige, manchmal betuliche, Beschreibung eines ungewöhnlichen
Lebenslaufs. Eindrucksvoll, aber mehr Information über Auswirkungen
von Nashs Ergebnissen wären hilfreich gewesen. So wird lediglich
am Ende kurz auf Frequenzversteigerungen hingewiesen.
ralf
--
http://ME.IN-berlin.de/~rws/