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Smudo:

> Trotzdem bin ich der Ansicht, dass gerade langfristig Techniken
> hermuessen, die es unbequem machen muessen Musik gratis aus dem
> Netz zu beziehen. Der Online- Freak wird immmer Wege finden, wenn
> es aber langfristig so ist, dass nahezu jeder Musik gratis
> beziehen kann, dann sehe ich darin eine grosse Gefahr fuer den
> Kuenstler.

Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Das, was die Unterhaltungsindustrie
(ich beschränke das jetzt gar nicht mal auf die Musikbranche) im
Netz bietet, ist hinreichend unbequem und unbrauchbar, um die
Nachfrage nicht zu bedienen.  Andererseits sind Napster und
Konsorten bequem genug, um von den Nutzern tatsächlich angenommen zu
werden.

Wo bleibt das Experiment einer kommerziellen MP3-Site, die (von mir
aus gegen ein monatliches Abo per Einzugsermächtigung) zum Beispiel
das folgende bietet?

- Suche nach Textschnippseln, die man irgendwo aufgefangen hat.
- Wiedergabe der zugehörigen Stellen im Lied per Klick in niedriger
  Qualität
- Erwerb eines Downloadrechts (i.e., ich bezahle einmal pro Lied und
  darf dann beliebig oft downloaden)

Solange man auf Seiten der Musikindustrie den Online-Markt schlicht
verpennt oder ungeeignet bedient, soll man sich doch bitte nicht
darüber aufregen, wenn die Nutzer selbst andere Wege finden.

Diese Wege unbequem machen zu wollen ist schlichte Zeit- und
Geldverschwendung: Was ich hören kann, das kann ich aufnehmen, und
das kann ich kopieren.  Musik und Bilder sind verlustarm oder -frei
kopierbar, und die Kosten für ihre Übermittlung gehen mit
unterschiedlicher Geschwindigkeit gegen Null.  Wenn die
kommerziellen Musikvertriebler überleben wollen, dann müssen sie
Mehrwert bieten, der über das pure Verbreiten von Musik hinausgeht
(siehe oben).

Ich glaube im übrigen nicht daran, daß die _Nutzer_ von Napster und
Co Musik oder Musiker entwerten oder entwürdigen wollen.  Sonst
würden sie die Musik wohl weder hören, noch austauschen.  Vielmehr
ist es wohl so, daß die Nutzer - Eure Fans, und letztlich
diejenigen, die Eure Rechnungen zahlen! - sich langsam aber sicher
immer deutlicher von den Aktivitäten und der Arroganz "der
Plattenindustrie" verarscht und mißachtet fühlen; man denke etwa an
das Thema "Rights Protection System" ("Wir brauchen Zollkontrollen
im Intenet").  Daß ein solches Gefühl dann vielleicht tatsächlich
dazu fühlt, daß man irgendwann bewußt raubkopiert, anstatt für Musik
zu zahlen, liegt wohl auf der Hand.

Also: Anstatt weiterhin aggressiv gegen die eigenen Kunden
vorzugehen, solltet Ihr vielleicht etwas mehr auf freundlich
schalten und versuchen, mit ökonomisch vernünftigen,
mehrwerthaltigen Angeboten Umsatz zu machen.

Der Versuch, durch juristische "Unbequemlichkeiten"
Transaktionskosten künstlich zu erzeugen, die es real ganz einfach
nicht mehr gibt, _muß_ früher oder später scheitern.

-- 
Thomas Roessler                         <roessler@does-not-exist.org>