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Re: Leibeigenschaft und Geisteigenschaft
On 29 Dec 2000, at 18:31, PILCH Hartmut wrote:
> Erst gerade argumentierte Axel Horns hier, man brauche zumindest für
> gewisse Bereiche der Softwareentwicklung Patente, um zu verhindern,
> dass ein Mitarbeiter sein Knowhow zur Konkurrenz mitnimmt.
Also, ich hatte nur ein Statement von phm kommentiert, wonach es
"hervorragende Moeglichkeiten des Insvestitionsschutzes" u.a. durch
"Betriebsgeheimnis" gaebe. Das funktioniert nicht, habe ich dazu
gesagt, und dabei darauf hingewiesen, dass niemendem verwehrt werden
kann, beim Stellenwechsel das mitzunehmen, was man beim bisherigen
Arbeitgeber dazugelernt hat, abzueglich konkrete Rezepte, Codes und
Plaene. Auf letztere kommt es in vielen praktischen Situationen auch
nicht an, und sowohl der AG als auch der ex-AN weisen das. Daran ist
nicht zu ruetteln. Es geht also bei meinem Hinweis gerade nicht um
einen Zwang zur "Geisteigenschaft".
_Wenn_ ein Arbeitgeber statt der Geheimhaltung als Betriebsgeheimnis
den Weg einer Patentierung waehlt, verhaelt er sich geradezu
"klassisch" nach dem Ur-Paradigma des Patentrechtes: Zeitlich
befristetes Monopolrecht gegen oeffentlichen Informationsfluss.
> Das von Axel Horns angeführte Argument, die Abwanderung von Wissen
> müsse durch Patente verhindert werden, greift ähnlich kurz.
Also nee, wirklich. Man lese meine Aeusserungen nach. Ich habe nie
vertreten, dass "Abwanderung von Wissen durch Patente verhindert
werden muesse". Das ist das genaue Gegenteil der "klassischen"
Patentheorie, die ja in Softwerkerkreisen schon als tot gilt, aber
angesichts dieses Vorbringens von phm sozusagen geradezu noch ihre
"Wiederauferstehung" erlebt (siehe meine Bemerkung oben).
> Wäre das
> wirklich ein vordringliches Anliegen, so müsste man als aller erstes
> den Absolventen unserer Universitäten auferlegen, dass sie bis zum
> Rentenalter im Lande zu bleiben haben. Eine solche
> Freiheitseinschränkung geht auch nicht weiter als die durch Swpat der
> Allgemeinheit auferlegte Einschränkung.
???
> Und eines bedingt das andere:
> wenn ein deutscher Uni-Absolvent nach San Francisco geht und dort für
> ein amerikanisches Unternehmen Patente erwirbt, die wiederum den
> Aktionsradius aller Leute in Deutschland einengen, während die USA an
> der Bildung im eigenen Lande sparen, stimmt etwas nicht.
Was stimmt daran nicht? Das Kapital und der Unternehmungsgeist liegen
in diesem Beispiel eben in den USA. Ich nehme mal an, der fiktive Uni-
Absolvent ist _freiwillig_ in die USA gegangen und nicht etwa auf dem
Sklavenmarkt dorthin verkauft worden. Irgendwelche _Gruende_ wird er
daher schon gehabt haben, sich _dort_ und nicht in _DE_ zu verdingen.
> Reglementierungen erzeugen häufig eine Kettenreaktion: eine ruft die
> andere. Am Ende der Geisteigenschaft kann dann tatsächlich die
> Leibeigenschaft stehen.
Wie saehe das konkret aus?
> Risikokapital wirkt auf IT-Unternehmen häufig nachteilhaft.
Tja, gut ist es natuerlich immer, die erste Megamark eigenen Geldes
schon in der Tasche zu haben, bevor man richtig anfaengt. Oder in
einer Nische werkeln zu duerfen, in der man auf dem Weg zur ersten
Megamark genuegend ungestoerte Zeit zur Verfuegung hat. Wenn dies
alles nicht zutrifft, bleibt oft nur noch die Wahl zwischen
Angestelltenjob und Risikokapital ...
Manche waehlen dann lieber die zweite Alternative.
--AHH