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Re: [FYI] Freispruch für Ex-Chef von Yahoo imProzess um Nazi-Memorabilien



On Wed, 12 Feb 2003, Heiko Recktenwald wrote:

> Ansonsten faellt mir bei solchem Zeug imnmer der Aufwand in Berlin
> ein. Rund um die Synagoge. Panzer.

(Warnung: Dies ist anekdotisch. Bei Veraergerung darueber bitte einfach 
"Loeschen" druecken..)

Hat mich auch immer gestoert. Die Oranienburger Strasse, durch die jede
Menge Menschen laufen und feiern und manchmal auch ein unbegleiteter
Aussenminister durchstreift, eine herausgeputzte und angestrahlte Synagoge
und davor ein haesslichster Zaun zur Absperrung und 'ne Wanne. Zeugt 
zumindest nicht von Fingerspitzengefuehl, meiner Meinung nach..

Ich habe mir mal eine Glosse aus der Frankfurter Rundschau, geschrieben 
1996 in Kopenhagen, aufgehoben. Ich fand's ganz amuesant.. Siehe unten.

Gestern eine "import information from the Prime Minister" [Aussielands] 
bekommen.. Nun ja, seien Sie wachsam und melden Sie alles, was verdaechtig 
ist.

Es gibt allerdings Gott sei Dank auch noch anderes. Mein Favorit ist eine 
Karrikatur, wo Mr.Howard da steht und verkuendet: "Wir haben Massnahmen 
getroffen, um Australien vor dem Terrorismus zu schuetzen". Auf dem 
naechsten Bild guckt Howard ganz verdutzt aus der Waesche: Jemand hat ihm 
den Mund verbunden (und grinst).

Nun ja, Gruesse in die alte Heimat und Glueckwunsch zu einer Regierung,
die Gott sei Dank nicht zu den Saebelrasslern gehoert

Peter

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   Brief aus Kopenhagen
   
                               Pfeife als Geisel
                                       
Liebe Leute,
   
   Schloß  Chritiansborg,  das  Kopenhagener Parlament, hatte dieser Tage
   ungebetenen  Besuch.  Da  drang  eine  Gruppe  Demonstranten  aus  der
   autonomen   Szene   in   die   Fraktionsbüros   der   Liberalen   ein,
   verbarrikadierte sich dort, verwüstete das Mobiliar, hängte ein Banner
   aus  dem  Fenster,  auf  dem  sie Freiheit für den in den USA zum Tode
   verurteilten  Mumia  Abu-Jamal  forderten,  warf  Flugblätter  auf die
   Straße  und machte einen Höllenspektakel, bis die Polizei kam, die Tür
   einschlug  und  die Chaoten festnahm, die sich widerstandslos abführen
   ließen.
   
   Bemerkenswerter als die Aktion waren die Reaktionen, die sie nach sich
   zog.  Denn  da  sah  niemand  das Vaterland bedroht, niemand rief nach
   schärferer Überwachung, nach mehr Sicherheit. "Mit so etwas müssen wir
   leben",  sagte  Parlamentspräsident  Erling Olsen, "einen Polizeistaat
   wollen   wir   nicht."   Und   auch   der   liberale  Parteichef  Uffe
   Ellemann-Jensen,  dessen Büros zu Kleinholz geschlagen wurden, und der
   sonst  gerne den Scharfrichter spielt, stimmt Olsen zu: "Chritiansborg
   soll  ein  Ort sein, an dem man sich frei bewegen kann. Wir wollen ein
   offenes Parlament."
   
   Niemand   tadelte   den   Parlamentswächter,   der  die  jungen  Leute
   eingelassen   hatte.   Sie   hatten   gesagt,   sie   wollten  in  die
   Parlamentsbibliothek.  Er  hatte  ihre  Name notiert und sie nach oben
   geschickt,  wie  es  den  Regeln entspricht. In Ihre Taschen guckte er
   nicht.  "Soll  er  auch  nicht",  sagt  Erling  Olsen. Im ersten Stock
   klopften sie erst bei denm Konservativen an, entschuldigten sich, dass
   sie  falsch  gegangen  seien  und fragten, ob wohl im Zimmer gegenüber
   jemand sei. "Keine Ahnung, schaut selbst nach", lautete die Auskunft.
   
   Bei  den  Liberalen  war  niemand,  und  so  wurde  ihr  Fraktionsraum
   Schauplatz des Spektakels. Ellemann-Jensen kaem angedüst und stand vor
   der  vernagelten Tür. Er wählte die Fraktionstelephonnummer, und einer
   der Eindringlinge nahm tatsächlich den Hoerer ab. Da bat ihn Ellemann,
   er möge wenigstens die Büste des Parteistifters Madsen-Mygdal schonen.
   "Und  wenn  ihr  meiner  Pfeife  etwas antut, die auf dem Schreibtisch
   liegt,  dann  versohle ich euch den Hintern." Wenig spaeter riefen die
   Besetzer  zurück:  Die  Pfeife  hätten sie nun als Geisel genommen und
   würden  sie  aus dem Fenster werfen, wenn ihnen nicht ein Hubschrauber
   zur  Verfügung gestellt werde, der sie nach Kuba bringe. Wutschnaubend
   stellte der Parteichef mehr Prügel in Aussicht.
   
   Als  sich  die  Polizei  ein  Viertel  Stündchen später den Weg in das
   Fraktionslokal   freigeschlagen   hatte,   stolperte   sie   über  das
   Meublement,  das  die  Besetzer  vor  die  Tuer  geworfen hatten. Doch
   Madsen-Mygdals  Büste  war  unversehrt.  Ellemanns Pfeife hingegen war
   verschwunden.  Über  ihr  Schicksal  ist  bis  dato  uebrigens  nichts
   bekannt.
   
   Dies  sei  durchaus  nicht  zur Nachahmung empfohlen. Nur: Stellt Euch
   vor, wie eine ähnliche Aktion in Bonn abgelaufen wäre.
   
   Hannes Gamillscheg

   Hannes  Gamillscheg  ist  Skandinavien-Korrespondent  der  Frankfurter
   Rundschau, für die er dies 1996 schrieb.



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