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heise online: Keine Verbesserungen im Datenschutz



Diese Meldung aus dem heise online-Newsticker wurde Ihnen
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Keine Verbesserungen im Datenschutz



 Kritisch hat sich der Bundesdatenschutzbeauftragte Joachim Jacob heute bei
der Vorlage seines Tätigkeitsberichtes 2001/2002[1] zur Rasterfahndung[2]
nach "terroristischen Schläfern" geäußert, die auch in der Bundesrepublik
als Reaktion auf die Anschläge des 11. September 2001 gestartet wurde. Zwar
hätte sich das Bundeskriminalamt (BKA) formal an den ihm vorgegebenen
gesetzlichen Rahmen gehalten, ob dieser aber auch die Befugnis zur
Koordination der Rasterfahndung nach den Polizeigesetzen der Länder
umfasst, hält Jacob für fraglich. Der Gesetzgeber müsse entweder explizit
eine entsprechende Grundlage schaffen, oder das BKA verzichte künftig auf
die "massenhafte Erhebung personenbezogener Daten", bei der immer auch eine
Vielzahl Unverdächtiger in die Fahndung einbezogen[3] werde. Schon die
Dauer der Fahndung -- die Maßnahme wurde erst im März 2003 abgeschlossen --
lasse daran zweifeln, "wie effizient dieses Instrument tatsächlich für die
Bekämpfung des Terrorismus" sei. Auch aus diesem Grunde fordert Jacob eine
umfassende Evaluation der Aktion im Lichte der gewonnenen Erfahrungen. 

 Insgesamt sieht er in den zwei Jahren seit der Vorlage seines letzten
Berichtes keine Verbesserungen beim Datenschutz in der Bundesrepublik. So
habe die Bundesregierung noch immer keinen Entwurf eines
Arbeitsnehmerdatenschutzgesetzes[4] vorgelegt, obwohl der Deutsche
Bundestag sie hierzu mehrfach aufforderte. Auch zur Wahrung der
Persönlichkeitsrechte am eigenen Bild steht eine gesetzliche Regelung
weiterhin aus, die unbefugtes Fotografieren oder Filmen und Verbreiten der
Aufnahmen in ähnlicher Weise unter Strafe stellt wie bereits beim
nicht-öffentlich gesprochene Wort.

 Deutliche Vorbehalte enthält der Tätigkeitsbericht gegenüber
Online-Wahlen[5]. "Eine Wahl über das Internet ist mit der heute
verfügbaren Technik und Software kaum vorstellbar", heißt es. Selbst wenn
alle technischen Probleme mit der Sicherstellung von freien, gleichen und
geheimen Wahlen im Netz gelöst werden könnten, sei es doch fraglich, ob
"eine derart beiläufige Stimmabgabe" vom heimischen PC aus oder per Handy
der politischen Bedeutung der Wahlhandlung gerecht werde.

 Mit Sorge beobachtet Jacob den Trend zu immer umfangreicheren
Datensammlungen und Datenverbünden in der Privatwirtschaft. Insbesondere
die Kreditauskunftssysteme drängen in neue Geschäftsfelder und
Dienstleistungen, die Wohnungsunternehmen entwickeln eigene Warnsysteme vor
zahlungsunfähigen Mietern und auch die Versicherungswirtschaft verfügt über
ein zentrales Auskunftssystem. Das legitime Interesse am Schutz vor
Schwarzen Schafen, Betrügern und zahlungsunwilligen Kunden stellt Jacob
nicht in Frage, Gefahren sieht er jedoch dort, wo die Systeme
zusammengeschaltet werden und den einzelnen Kunden gläsern machen. Die
Profilierung durch die Zusammenstellung personenbezogener Daten lässt sich
auch nicht mit der Einwilligung der Betroffenen rechtfertigen, weil diese
die weitreichenden Konsequenzen nicht abschätzen können. "Es darf nicht
dazu kommen", warnt er, "dass zum Beispiel ein junger Mensch, der mit
zwanzig seine Handyrechnung nicht bezahlen konnte, anschließend kein Konto
mehr eröffnen kann, keine Wohnung findet, keine Versicherung abschließen
kann und sozusagen auf Dauer zur elektronischen Unperson wird".

 Erhebliche Probleme sieht der oberste Datenschützer des Bundes in der
potentiellen Zweckentfremdung von Ortungssystemen und
Lokalisierungsinformationen, wie beispielsweise bei den
lokalisierungsbasierten Diensten im Mobilfunk, die zur Erstellung von
Bewegungsprofilen[6] dienen können. Auch auf diesem Felde zeige sich, "dass
die Summe von nützlichen und für sich gesehen datenschutzkonformen
Anwendungen insgesamt ein Bedrohungspotential für das Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung darstellt, das von den Betroffenen und
auch in der gesellschaftlichen Diskussion so zunächst nicht wahrgenommen
wird", meint Jacob. "Der Bürger wird sich entscheiden müssen, wie gläsern
er um seiner Bequemlichkeit willen werden will". (Richard Sietmann) /
(anm[7]/c't)

URL dieses Artikels:
 http://www.heise.de/newsticker/data/anm-07.05.03-000/

Links in diesem Artikel:
 [1] http://www.bfd.bund.de/information/19tb0102.pdf
 [2] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-21.02.02-001/
 [3] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-11.12.02-004/
 [4] http://www.heise.de/newsticker/data/db-27.10.02-000/
 [5] http://www.heise.de/newsticker/data/wst-18.04.02-000/
 [6] http://www.heise.de/mobil/newsticker/data/tol-06.04.03-001/
 [7] mailto:anm@ct.heise.de

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