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Re: Softwarepatente abgelehnt



Am 11 Jul 2005, um 13:16 hat PILCH Hartmut geschrieben:

> > > Wieder bestaetigt sich, dass es in deiner Sicht nur den Rat gibt,
> > > und dass wir nur vor die Wahl "Friss oder stirb" gestellt sind.  
> > 
> > Der Entwurf des Rates war der, der konkret zur Abstimmung stand.
> > Dafuer kann ich doch nichts. Natuerlich muss man sich zunaechst und
> > primaer mit dem Entwurf befassen, ueber den abgestimmt wird. Diesen
> > Vorwurf kann ich deshalb nicht nachvollziehen.
> 
> Es gab einen Entwurf des Parlaments vom September 2003 und 21 
> parteiuebergreifende Aenderungsantraege, die eine Mehrheit hatten.

Eigentlich wollte ich ja jetzt nichts mehr posten, aber hierzu muss 
jetzt noch eine Anmerkung raus.

Was Du beklagst, sind die Strukturen der EU und der Umstand, dass das 
EU-Parlament eigentlich gar kein (vollwertiges) Parlament ist. Wir 
koennen jetzt natuerlich noch ueber das Demokratiedefizit der EU und 
die abgelehnte EU-Verfassung diskutieren. Wuerde etwas weit fuehren.

Zur Abstimmung stand dennoch allein der Entwurf des Rates aus dem Jahre 
2004. Deshalb beziehe ich mich auch primaer auf diesen Entwurf.

> 
> > Man kann den Leuten nicht erzaehlen, dass diese Richtline, in Gestalt
> > des Ratsentwurfs, eine allgemeine Patentierbarkeit von Software
> > einfuehrt und fuer freie Softwareentwickler eine drastische
> > Verschlechterung gegenueber ihrer jetzigen Situation mit sich bringt. 
> 
> Die Ratsfassung legalisiert tatsaechlich die allgemeine Patentierbarkeit
> von Software, wie schon vielfach ausfuehrlich begruendet wurde.

Das geben Wortlaut und Erwaegungsgruende so nicht her. Diese sind 
vorrangiger Auslegungsmasstab der Richtlinie. Auf meine Nachfrage, mir 
die Kritierien einer abweichenden sytstematischen oder teleologischen 
Auslegung zu erlaeutern, kam von Dir nur der Vorwurf, ich wuerde mich 
hinter juristischen Begriffen verstecken. Wenn Du allerdings eine 
juristische Auslegung vornehmen willst - was Du hier ja staendig machst 
-  dann soltest Du Dich mit dem Handwerkszeug vertraut machen. Das ist 
alles. 

Schliesslich erzaehle ich Dir auch nichts ueber programmiertechnische 
Details, obwohl ich keine einzige Programmiersprache beherrsche.


> 
> Ob sie die neu einfuehrt, ist eine andere Frage.  Sie haengt davon ab,
> von welchem Status Quo man ausgeht: dem des Gesetzes oder dem der
> EPA-Rechtsprechung.

Es gibt kein Gesetz, sondern nur die gesetzlichen Regelungen der 
Mitgliedsstaaten. Und die werden vielfach - in Deutschland ca. seit 
1977/1978 - von den nationalen Gerichten so ausgelegt, dass sog. 
computerimplementierte Erfindungen Patentschutz geniessen koennen. Das 
ist Fakt, auch wenn Du das noch so vehement bestreitest.

Hieran anknuepfend bringt der Ratsentwurf nichts substantiell Neues und 
v.a. keine grundlegende Aenderung. Wenn man speziell an die deutsche 
Situation und die Rechtsprechung des BGH anknuepft, kann man sagen, 
dass der Ratsentwurf jetzt das festschreibt, was seit fast 30 Jahren 
gaengige Praxis der Gerichte und der Patentaemter ist.

Richtig ist wohl, dass das EPA etwas grosszuegiger eingetragen bzw. 
entschieden hat, als das DPMA. Das ist aber immer sehr stark 
einzelfallabhaengig und haeufig von der Problematik der Trivialpatente 
ueberlagert.

Ob die Richtlinie in Form des Ratsentwurfs dazu gefuehrt haette, dass 
sich die Linie des EPA in der Praxis einpendelt oder eine 
restriktiviere Position (wofuer m.E. Wortlaut und Erwaegungsgruende 
gesprochen haben) waere abzuwarten gewesen.

Es ist in jedem Falle unangebracht, hier wieder mal den Untergang des 
Abendlandes zu beschwoeren.

Gruesse

Thomas


Thomas Stadler
ts@cplus.de
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Rechtsanwaelte Alavi Froesner Stadler
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