[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Re: Berufung Voss ./. T-Online (Vorratsspeicherung), Termin fuer Entscheidungsverkuendung



Am 6 Feb 2006, um 15:31 hat Lutz Donnerhacke geschrieben:


> >
> > Du hast gerade das gesamte Fernmeldegeheimnis wegrationalisiert ;)
> 
> Nein. Das Fernmeldegeheimnis bezieht sich nur auf Fernmeldevorgänge,
> nicht auf Stammdaten einer Fernmeldeanlage.

Du kennst die tk-rechtliche Terminologie offenbar nicht. Das macht die 
Diskussion schwierig. 

Nochmal: Jedenfalls dynamische IP-Adressen sind keine Stammdaten. Das 
TK-Recht spricht uebrigens von Bestandsdaten. Bestandsdaten sind die, 
die fuer den vertraglichen Rahmen zwischen Diensteanbieter und Kunden 
von Bedeutung sind (Begruendung und Aenderung des 
Vertragsverhaeltnisses), waehrend sich im Gegensatz dazu die 
Verkehrsdaten (Verbindungsdaten) auf einen konkreten 
Kommunikationsvorgang beziehen.

Eine dynamische IP-Adresse wird aber erst beim Verbindungsaufbau 
zugeteilt, beim naechsten mal ist es eine andere. Das sind also ganz 
typische Verkehrsdaten. Auch statische IP-Adressen sind Verkehrsdaten 
(was auch sonst?). Lies mal bitte § 96 TKG. Dort wird relativ klar 
definiert, dass Nummern oder sonstige Anschlusskennungen (hierunter 
fallen auch IP-Adressen) Verkehrsdaten sind.

Deine obige Aussage, das Fernmeldegeheimnis wuerde keine Stammdaten - 
Du meinst wohl die Bestandsdaten - schuetzen, ist in dieser 
Allgemeinheit uebrigens falsch.

Name und Adresse des Nutzers sind klassische Bestandsdaten, weshalb die 
von Thomas Hochstein genannten Landgerichte unreflektiert davon 
ausgehen, dass das nicht dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses 
unterfaellt. 

Der entscheidende Punkt ist aber der, dass keine Bestandsdaten isoliert 
abgefragt werden, sondern diese Bestandsdaten in den Kontext eines 
konkreten, einzelnen Kommunikationsvorgangs gesetzt werden. 

Gerade dann, wenn die Auskunft erst erteilt werden kann, nachdem vom 
ISP eine Verknuepfung von Bestands- und Verkehrsdaten vorgenommen 
worden ist und diese beiden Aspekte zusammengefuehrt worden sind, liegt 
ein klassicher Eingriff ins Fernmeldegeheimnis vor.

Das Gesetz sagt das in § 88 TKG auch sehr klar. Gueschuetzt ist 
naemlich insbesondere der Umstand, ob jemand an einem 
Kommunikationsvorgang beteiligt war. Die Abfrage dient aber 
ausschliesslich der Ermittlung der Person, die an dem konkreten 
Kommunikationsvorgang beteiligt war.

Ihr koennt hier schon die Ansicht vertreten, dass das alles nicht 
schuetzenswert ist. Man sollte aber gleichzeitig erkennen, dass es sich 
nach der Definition des BVerfG um einen Sachverhalt handelt, der dem 
Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses unterfaellt.

Ihr propagiert hier eine einschraenkende Auslegung des 
Fernmeldegeheimnisses, die nicht der bisherigen Linie des BVerfG 
entspricht. Das sollte man so klar dann auch artikulieren. Man wird 
sich allerdings dann die Frage stellen muessen, ob der effektive 
Grundrechtsschutz eine solche Auslegung zulaesst. Ich meine nein.

Gruesse

Thomas


Thomas Stadler
ts@cplus.de
http://www.haftung-im-internet.de
_____________________
Rechtsanwaelte AFS
http://www.afs-rechtsanwaelte.de


-- 
To unsubscribe, e-mail: debate-unsubscribe@lists.fitug.de
For additional commands, e-mail: debate-help@lists.fitug.de