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Re: Berufung Voss ./. T-Online (Vorratsspeicherung), Termin fuer Entscheidungsverkuendung



"Thomas Stadler" schrieb:

> Du kennst die tk-rechtliche Terminologie offenbar nicht. Das macht die 
> Diskussion schwierig. 

Das sehe ich nicht so. Du hast nur eine andere Auffassung, wie
(dynamische) IP-Adressen zu qualifizieren sind.

> Nochmal: Jedenfalls dynamische IP-Adressen sind keine Stammdaten.

Doch. Sie sind Bestandsdaten, genauso wie statische IP-Adressen oder
Telefonnummern.

> Bestandsdaten sind die, 
> die fuer den vertraglichen Rahmen zwischen Diensteanbieter und Kunden 
> von Bedeutung sind (Begruendung und Aenderung des 
> Vertragsverhaeltnisses), waehrend sich im Gegensatz dazu die 
> Verkehrsdaten (Verbindungsdaten) auf einen konkreten 
> Kommunikationsvorgang beziehen.

Genau.

> Eine dynamische IP-Adresse wird aber erst beim Verbindungsaufbau 
> zugeteilt, beim naechsten mal ist es eine andere. Das sind also ganz 
> typische Verkehrsdaten.

Nein. Verkehrs-/Verbindungsdaten beziehen sich auf eine Verbindung; im
Telefonsektor, welche Anschluß wann wie lange mit welchem Anschluß
kommuniziert hat. (Inhaltsdaten wären, was dabei gesprochen wurde.)
Die Frage, wem die Nummer eines bestimmten Endgerätes zugeordnet war
oder ist, ist keine nach Verbindungsdaten.

> Auch statische IP-Adressen sind Verkehrsdaten 
> (was auch sonst?).

Dass statische IP-Adressen *keine* Verbindungsdaten, sondern
Bestandsdaten sind, ist meines Wissens ganz herrschende Meinung; ich
wüßte jedenfalls nicht, wer das anders sieht. Die Unterscheidung wurde
(unrichtigerweise) zwischen statischen und dynamisch vergebenen
IP-Adressen gemacht.

> Lies mal bitte § 96 TKG. Dort wird relativ klar 
> definiert, dass Nummern oder sonstige Anschlusskennungen (hierunter 
> fallen auch IP-Adressen) Verkehrsdaten sind.

Wenn es um einen Kommunikationsvorgang geht - klar. Die Erfassung,
welche IP (welche Telefonnummer, genauer: welches Endgerät mit einer
bestimmten IP bzw. Telefonnumer) wann mit welcheren anderen IP (s.o.)
kommuniziert hat, ist ein Verbindungsdatum. Wem diese IP /
Telefonnummer zugeordnet ist oder zu einem bestimmten Punkt in der
Vergangenheit war, ist Bestandsdatum.

> Name und Adresse des Nutzers sind klassische Bestandsdaten, weshalb die 
> von Thomas Hochstein genannten Landgerichte unreflektiert davon 
> ausgehen, dass das nicht dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses 
> unterfaellt. 

Nein, unreflektiert sicherlich nicht. Sie haben sich (wenigstens
teilweise) durchaus detailliert mit der Frage auseinander gesetzt.

> Der entscheidende Punkt ist aber der, dass keine Bestandsdaten isoliert 
> abgefragt werden, sondern diese Bestandsdaten in den Kontext eines 
> konkreten, einzelnen Kommunikationsvorgangs gesetzt werden. 

Nein. Der Kommunikationsvorgang in seiner Gänze ist bereits bekannt;
es ist bekannt, welches Endgerät wann mit welchem anderen Endgerät
eine Verbindung wie lange aufgebaut hatte. Damit sind die
Kommunikationsteilnehmer (Anschlußinhaber - faktisch kann der Anschluß
natürlich von beliebigen Dritten genutzt worden sein) bereits bekannt
und genau bezeichnet; nur Name und Adresse dieser Teilnehmer
(Anschlußinhaber, so.o.) sind nicht bekannt.

> Gerade dann, wenn die Auskunft erst erteilt werden kann, nachdem vom 
> ISP eine Verknuepfung von Bestands- und Verkehrsdaten vorgenommen 
> worden ist und diese beiden Aspekte zusammengefuehrt worden sind, liegt 
> ein klassicher Eingriff ins Fernmeldegeheimnis vor.

Wäre das richtig, wäre auch jede Abfrage des einer Rufnummer
zugeordneten Namens und der Adresse ein Eingriff ins
Fernmeldegeheimnis, denn auch da muß angegeben werden, auf welchen
Zeitraum sich diese Anfrage bezieht. Der Unterschied ist allein der,
daß Telefonnummern (und statischze IP-Adressen) in der Regel
längerfristiger vergeben werden als dynamische IP-Adressen. Das macht
letztere aber noch nicht zu einem Verbindungsdatum.

Es wird auch von dem Anfrager keine Verknüpfung von Bestands- und
Verkehrsdatum verlangt. Wenn er nur auf diese Weise die Frage nach dem
Namen und der Anschrift eines bestimmten, bereits abstrakt
identifizierten Anschlußinhabers beantworten kann - anders als das im
TK-Bereich üblich zu sein pflegt -, dann ist das ein rein interner
technischer Vorgang ohne Bedeutung für die rechtliche Wertung.

> Das Gesetz sagt das in § 88 TKG auch sehr klar. Gueschuetzt ist 
> naemlich insbesondere der Umstand, ob jemand an einem 
> Kommunikationsvorgang beteiligt war.

Stimmt. Daß dieser jemand beteiligt war, ist aber bereits bekannt. Nur
nicht, wie er heißt und wo er wohnt.

> Die Abfrage dient aber 
> ausschliesslich der Ermittlung der Person, die an dem konkreten 
> Kommunikationsvorgang beteiligt war.

Nein. Sie dient der Ermittlung von dessen Namen und Adresse.

> Ihr koennt hier schon die Ansicht vertreten, dass das alles nicht 
> schuetzenswert ist. Man sollte aber gleichzeitig erkennen, dass es sich 
> nach der Definition des BVerfG um einen Sachverhalt handelt, der dem 
> Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses unterfaellt.

Gerade nicht.

Es sei dahingestellt, ob auch die Zuordnung von Endgeräteadressen (seien
es IP-Nummern, seien es Telefonnummern) noch den Schutz des Fernmeldege-
heimnisses als Randbereich genießt; jedenfalls ist der Schutz dann hin-
reichend gering, so daß das bei der Abwägung zu berücksichtigen ist. Es
gibt jedoch keinen sachlichen Grund, dabei einen Unterschied zwischen
dynamischen und statischen IP-Adressen oder IP-Adressen und Telefonnummern
zu machen, denn alle sind *keine* Verkehrs- oder Verbindungsdaten.

Das haben die Landgerichte durchaus richtig und teilweise bemerkenswert
klar erkannt.

-thh

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