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Re: Die Zukunft des Internet-Musikmarktes
- To: Janko Roettgers <roettgers@devcon.net>
- Subject: Re: Die Zukunft des Internet-Musikmarktes
- From: PILCH Hartmut <phm@a2e.de>
- Date: Thu, 18 Mar 1999 14:01:25 +0100 (CET)
- cc: debate@fitug.de
- Comment: This message comes from the debate mailing list.
- In-Reply-To: <199903181131.MAA29345@suncom.rz.hu-berlin.de>
- Sender: owner-debate@fitug.de
> > Der Kontext macht die Musik. Und er legt fest, dass ziemlich alle
> > Kinder, die heute aufwachsen, "Klassik" "bloed" finden. Denn im
> > Kontext der Berieselung und Werbefinanzierung klingt sie
> > tatsaechlich bloed.
>
> Eine kuehne Behauptung, dass gerade Werbung Kinder vor klassischer
> Musik zurueckschrecken laesst.
Nicht speziell die Werbung sondern der hedonistische Grundton der
informationellen Marktwirtschaft/Kartellwirtschaft und auch:
> Vielleicht finden sie ja auch den
> Kontext des Konzertsaals bloed, das stundenlange Schweigen, das
> angestrengt andaechtige Lauschen - und wehe, jemand hustet zu
> laut ...
nur dass heute diese Konzertsaalatmosphaere, ueber die schon Schopenhauer
klagte, mit ganz anderen Moeglichkeiten konkurrieren muss, waehrend noch
kein Weg gefunden wurde, das Problem zu loesen.
> > Besonders auf dem Lande, wo bis vor kurzem noch
> > Musizieren mit Blasinstrumenten hoch im Kurs stand, hat die
> > Berieselungskonserve jegliche Kultur ueberrollt.
>
> Und wenn auch hier die Schuld nicht bei der "Kulturindustrie",
> sondern beim Kulturbetrieb selbst liegt? Vielleicht haben Kinder ja
> einfach keine Lust mehr auf "Du lernst ein Instrument!"-Autoritaeten.
"Keine Lust auf .... Autoritaeten" gehoert zum hedonistischen Grundton.
Aber ohne recht qualvolle Durststrecken geht nichts. Was sagte noch
Weizenbaum (auf Fitug-Liste zitiert) zu Edutainment?
> Auf Blasorchester, in denen ihnen vorgeschrieben wird, welche Musik
> sie zu spielen haben - anstatt es sie selbst entscheiden zu lassen,
> oder sie gar selbst Musik komponieren zu lassen.
Auch das geht nicht ohne anstrengendes Lernen.
> Und wenn die Kids heute - statt Noten vom Blatt zu spielen - 3
> Akkorde in die Klampfe hauen bzw. Ende dieses Jahrzehnts wohl eher
> mit Cubase und Co. rumexperimentieren und auf diese Weise einen
> aktiven Zugang zur Musik finden, dann ist das doch wohl kein
> Kulturverlust. Oder?
Doch. Es sei denn sie lernen mit der Zeit wirklich so virtuos mit MIDI
etc umzugehen, wie das beim Instrumentelernen gefordert war. Doch ich
sehe nur eine Software-Industrie, die nach Kraeften den Zugang zur
Virtuositaet verbaut, in deren Wertesystem z.B. die Kommandozeile, die
Grundlage der Computer-Virtuositaet, als veraltet und "kryptisch" gilt.
> Letztlich kann man aber den Leuten nicht vorschreiben, bei welcher
> Musik sie genau hinhoeren. Man kann nur versuchen, sie dazu zu
> bringen, dass sie genau hinhoeren, dass sie Musik generell ernst
> nehmen. Egal, ob E oder U. Denn dann setzten sie sich auch damit
> auseinander, entwickeln eigene Impulse.
Sobald sie genau hinhoeren, ist es E.
> Bezug zum urspruenglichen Thema:
Ich finde, wir waren gar nicht abgedriftet. Hier noch ein Bezug:
Musik hat immerhin einen Kontext, der nicht durch Kopieren zu ersetzen
ist: das Konzert. Bei Freier Software ist dieser Kontext, die
Dienstleistung, viel duenner und unzuverlaessiger. Ergo: GPL passt
auf Musik mindestens genauso gut.
Ich sehe allerdings einen Unterschied: Unfreiheit von Musik richtet
keinen grossen Schaden an, weil kein Kompatibilitaetskrieg der Plattformen
stattfindet. Ebendeshalb wird die GPL im Bereich der Musik die Gemueter
vermutlich nie erhitzen koennen.
--
Hartmut Pilch
Foerderverein fuer eine Freie Informationelle Infrastruktur
http://www.ffii.org