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Re: Softwarepioniere gegen EU-Patentplaene



Aber im RL koennen die Softwerker vermutlich nicht im Ernst glauben,
sie koennten weiter im schutzrechtsfreien Raum werkeln wie zuvor.
>Dafuer steht wohl zuviel Geld auf dem Spiel ... In der uebrigen
>Industrie hat man diesen Lernprozess schon lange hinter sich.
>
>Die Frage ist, ob es auf der politischen Ebene noch Alternativen
>gibt, z.B. fuer Software eine engere Tatbestandsdefinition bei der
>Verletzung als fuer koerperlichere Erfindungsausfuehrungen. Politisch
>ist das IMHO auch ziemlich utopisch, die Verhinderung der Streichung
>des Patentierungsverbotes fuer Datenverarbeitungsprogramme wohl aber
>auch.

Hmm... ich hab ja von Patentrecht nicht die leiseste Ahnung, aber so von 
aussen betrachtet aehnelt mir die Diskussion um das Fuer und Wider von 
Softwarepatenten der Diskussion ums Urheberrecht:

Es ist eine intransparente Materie. Das gilt bereits fuer die rechtlichen 
und technischen Tatsachen als Solche und erst recht fuer ihre 
gesellschaftlichen Auswirkungen.
Mich macht es immer misstrauisch, wenn bei solchen schwierigen Themen mit 
grundsaetzlichen Weltformeln argumentiert wird wie z. B. "Softwarepatente 
sind schaedlich". Auch das Patentrecht ist vermutlich nicht nur die 
Folterzange des Kapitals, sondern auch in weiten Bereichen fuer die 
Allgemeinheit nuetzlich, da es Investitionen in Forschung und die 
kontrollierte Weiterverbreitung von Know-How ermoeglicht.

Andererseits vermute ich, dass die Bedenken der Patentgegner auch nicht 
ganz unberechtigt sind; beim Urheberrecht, von dem ich mehr verstehe, weiss 
ich jedenfalls aufgrund miterlebter Prozesse, dass man die gegenwaertige 
Urheberrechtspraxis in bestimmten Punkten wirklich mit Recht kritisieren 
kann. (Uebrigens kann man auf der Online-Recht-Liste von akademie.de zur 
Zeit grade eine Diskussion zu diesem Thema mitverfolgen.)

Beim Urheberrecht, das mich als Thematik fasziniert und von dessen 
grundsaetzlicher Sinnhaftigkeit ich ueberzeugt bin (und mit dem ich in 
fernerer Zukunft mein Geld verdienen will, wenn auch nicht als Anwalt), 
versuche ich im Moment im Rahmen meiner Diss, weg von der grundsaetzlichen 
Kritik am Urheberrecht hin zu einer differenzierteren Betrachtung seiner 
positiven und negativen gesellschaftlichen Rolle im Informationszeitalter 
zu kommen. Es liegt ja irgendwie in der Natur des Rechts, dass es sich nur 
durch seine eigenen Grenzen definiert. Logischerweise wird es in dem Mass 
unglaubwuerdig und langfristig sogar unbrauchbar, wenn es seine eigenen 
Grenzen ueberspannt.
Wenn es ausgewogen ist, implementiert es sich fast von selbst, weil es 
allgemein akzeptiert wird.

Drum finde ich es falsch, das Recht als Solches und nicht seine konkrete 
Ausgestaltung zu kritisieren. Ohne Recht gibt es Willkuer. Das hat man am 
Beispiel "Freiwillige Selbstkontrolle" gesehen: Gar keine Inhaltskontrolle 
ist letztlich als politischer Standpunkt nicht durchzuhalten und kippt 
daher leicht in absolute Kontrolle. Beim Urheberrecht koennte man es 
(hoffentlich nicht) nochmal sehen: Wenn die Leute, die es eigentlich 
angeht, das Urheberrecht nicht benutzen, sondern verdammen, prognostiziere 
ich technische Kopierschutzmechanismen bis zum Abwinken und am anderen Ende 
der Wertschoepfungskette ein paar gutbezahlte Anwaelte, die den unbedarften 
Kreativen die Rechte fuer ein freiwillig gegebenes Almosen abknoepfen, und 
ihnen soviel kuenstlerischer Freiheit lassen, wie gegenwaertig im 
Werbefernsehen ueblich.

Wie ist das Szenario bei undifferenzierter Ablehnung des Patentrechts? 
Grosse Firmen betreiben wechselseitig Industriespionage wie bei Gibson; 
wenn ein Newcomer eine Idee hat, wird Interesse an einer Zusammenarbeit 
geheuchelt, um die Idee abzusaugen?