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Re: Softwarepioniere gegen EU-Patentplaene
- To: "'horns@t-online.de'" <horns@t-online.de>
- Subject: Re: Softwarepioniere gegen EU-Patentplaene
- From: Johannes Ulbricht <Johannes_Ulbricht@csi.com>
- Date: Sat, 19 Jun 1999 18:50:05 +0200
- Cc: "'debate@fitug.de'" <debate@fitug.de>
- Comment: This message comes from the debate mailing list.
- Sender: owner-debate@fitug.de
Aber im RL koennen die Softwerker vermutlich nicht im Ernst glauben,
sie koennten weiter im schutzrechtsfreien Raum werkeln wie zuvor.
>Dafuer steht wohl zuviel Geld auf dem Spiel ... In der uebrigen
>Industrie hat man diesen Lernprozess schon lange hinter sich.
>
>Die Frage ist, ob es auf der politischen Ebene noch Alternativen
>gibt, z.B. fuer Software eine engere Tatbestandsdefinition bei der
>Verletzung als fuer koerperlichere Erfindungsausfuehrungen. Politisch
>ist das IMHO auch ziemlich utopisch, die Verhinderung der Streichung
>des Patentierungsverbotes fuer Datenverarbeitungsprogramme wohl aber
>auch.
Hmm... ich hab ja von Patentrecht nicht die leiseste Ahnung, aber so von
aussen betrachtet aehnelt mir die Diskussion um das Fuer und Wider von
Softwarepatenten der Diskussion ums Urheberrecht:
Es ist eine intransparente Materie. Das gilt bereits fuer die rechtlichen
und technischen Tatsachen als Solche und erst recht fuer ihre
gesellschaftlichen Auswirkungen.
Mich macht es immer misstrauisch, wenn bei solchen schwierigen Themen mit
grundsaetzlichen Weltformeln argumentiert wird wie z. B. "Softwarepatente
sind schaedlich". Auch das Patentrecht ist vermutlich nicht nur die
Folterzange des Kapitals, sondern auch in weiten Bereichen fuer die
Allgemeinheit nuetzlich, da es Investitionen in Forschung und die
kontrollierte Weiterverbreitung von Know-How ermoeglicht.
Andererseits vermute ich, dass die Bedenken der Patentgegner auch nicht
ganz unberechtigt sind; beim Urheberrecht, von dem ich mehr verstehe, weiss
ich jedenfalls aufgrund miterlebter Prozesse, dass man die gegenwaertige
Urheberrechtspraxis in bestimmten Punkten wirklich mit Recht kritisieren
kann. (Uebrigens kann man auf der Online-Recht-Liste von akademie.de zur
Zeit grade eine Diskussion zu diesem Thema mitverfolgen.)
Beim Urheberrecht, das mich als Thematik fasziniert und von dessen
grundsaetzlicher Sinnhaftigkeit ich ueberzeugt bin (und mit dem ich in
fernerer Zukunft mein Geld verdienen will, wenn auch nicht als Anwalt),
versuche ich im Moment im Rahmen meiner Diss, weg von der grundsaetzlichen
Kritik am Urheberrecht hin zu einer differenzierteren Betrachtung seiner
positiven und negativen gesellschaftlichen Rolle im Informationszeitalter
zu kommen. Es liegt ja irgendwie in der Natur des Rechts, dass es sich nur
durch seine eigenen Grenzen definiert. Logischerweise wird es in dem Mass
unglaubwuerdig und langfristig sogar unbrauchbar, wenn es seine eigenen
Grenzen ueberspannt.
Wenn es ausgewogen ist, implementiert es sich fast von selbst, weil es
allgemein akzeptiert wird.
Drum finde ich es falsch, das Recht als Solches und nicht seine konkrete
Ausgestaltung zu kritisieren. Ohne Recht gibt es Willkuer. Das hat man am
Beispiel "Freiwillige Selbstkontrolle" gesehen: Gar keine Inhaltskontrolle
ist letztlich als politischer Standpunkt nicht durchzuhalten und kippt
daher leicht in absolute Kontrolle. Beim Urheberrecht koennte man es
(hoffentlich nicht) nochmal sehen: Wenn die Leute, die es eigentlich
angeht, das Urheberrecht nicht benutzen, sondern verdammen, prognostiziere
ich technische Kopierschutzmechanismen bis zum Abwinken und am anderen Ende
der Wertschoepfungskette ein paar gutbezahlte Anwaelte, die den unbedarften
Kreativen die Rechte fuer ein freiwillig gegebenes Almosen abknoepfen, und
ihnen soviel kuenstlerischer Freiheit lassen, wie gegenwaertig im
Werbefernsehen ueblich.
Wie ist das Szenario bei undifferenzierter Ablehnung des Patentrechts?
Grosse Firmen betreiben wechselseitig Industriespionage wie bei Gibson;
wenn ein Newcomer eine Idee hat, wird Interesse an einer Zusammenarbeit
geheuchelt, um die Idee abzusaugen?