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Re: Perl etc...



On Tue, Oct 26, 1999 at 01:40:05PM +0200,
	Martin Schobert wrote:
> Thus spake Heiko Recktenwald (uzs106@ibm.rhrz.uni-bonn.de):
> 
> > Dann kriegen sie auch Bock auf Apache etc. HTML gehoert eh in die
> > Textverarbeitung. Aufgaben der Datenverarbeitung....
> 
> Hmm, der Gedanke an Perl ist schon ganz ok. Klar neigt man in Perl schnell
> dazu, komplette Programme mal fix hinzuhacken, aber das ist doch hier
> nicht so schlimm, weil:
> Programmieren in der Schule zu lernen ist quark, denn in den Kursen sind

ACK fuer das "weil".

> schreiben /etc. Auch so kleine Toolz lassen sich schnell
> zusammenschrauben, die groessere Dokumente mal kurz umgestallten, was
> selbst mit einem echten Editor laengere Zeit dauern kann. Huaaaaahhh und
> die ganzen Perl-Einzeiler! 

Einwand: If the only tool you know is a hammer the whole world looks like a
nail. Wer als erste Sprache Perl lernt, ist fuer strukturierten Entwurf
von Softwaresystemen erst mal versaut, weil man fuer so ziemlich jedes
Problem irgendwo einen Perl-Einzeiler absaugen kann. Und warum sollte man
sich mit ekelhaftem Zeug wie Ada und seinem (z.B.) strong typing abgeben,
wenn man es doch viel schneller einfach so hinsauen kann.
<zynisch>Nun ja, man kann dann ja immer noch Softwareentwickler bei M$
werden</zynisch>

Wir haben genau die "Softwarekrise", welche man jetzt mit silver bullets wie 
Booch oder UML erschlagen will, aufgrund des Faktums, dass Softwareentwurf
es in 40 Jahren nie geschafft hat, einen strukturierten und formalisierten
Entwicklungsprozess zu schaffen und zu etablieren, wie er in den Ingenieurs-
wissenschaften, etwa beim Automobil-, Flugzeug- oder Anlagenbau laengst
Stand der Technik ist. Nicht umsonst existiert das gefluegelte Wort ueber
Informatiker, Architekten und Spechte. Programmieren ist ein solides Handwerk,
keine Kunst. Hacken ist Kunst (was wohl die weitaus meisten selbsternannten
Hacker mit Recht ausschliesst). Zwei verschiedene Paar Schuhe, die man nicht
in einen Topf werfen sollte. Die Schule kann und soll weder das eine noch das
andere so vollstaendig vermitteln, wie es notwendig waere, aber sie kann, und 
muss, IMHO genau den Unterschied verdeutlichen.

> Soll heissen: Wenn man schon die Schueler mit Programmiersprachen
> langweilt, dann kann man dass wenigstens mit dem Ziel machen, was fuers
> Computer-Leben zu lehren.

Schule ist keine Beschaeftigungstherapie und Aufbewahrungsort fuer Eltern,
die ihre Kinder in der Pubertaet loswerden wollen. Und das Wort "non scolae
sed vitae" wird nicht sinnvoller dadurch, dass es bereits die Roemer gepraegt
haben.

> Hmmm, ich kann mich noch an den Versuch erinnern, uns Java beizubiegen.
> Entweder konnten die Schueler das schon so ein bisschen oder nicht.
> Letztere hatten dann ein Problem.

Das ist grundsaetzlich ein Problem, und es ist ganz besonders eklatant
gerade im Informatik-Unterricht, wo nicht nur die Bandbreite reicht
vom Schueler, der nie zuvor einen Rechner gesehen hat und Angst hat etwas
kaputtzumachen, bis zum Crack(er), der alle Tricks drauf hat, ggf. die
Raketensilos rund um Moskau hochgehen zu lassen (bei den Lehrern geht
die Bandbreite eher vom "Hab' gehoert, dass das eine etwas komplizierter
zu bedienende Schreibmaschine ist, aber ich brauche sowas nicht" bis 
"Bin Physiklehrer, habe schon mal bei IBM-Grossrechnern Kartenjobs
eingereicht und bin daher fuer den Informatikunterricht qualifiziert" -
bevor sich die zwei oder drei Lehrer-Ausnahmen melden, die auch Email
benutzen: sie sind Ausnahmen und/oder weit unterhalb des Durchschnitts-
alters des Default-Lehrerkollegiums).

> Oh man, ich errinnere mich gerade wieder daran, wie wir in Java einen
> String mit einer Gleitkommazahl parsen und in einen float umrechnen
> sollten. Der einem sofort einfallene Algo ist ja linear durchparsen aber
> eine akzeptable Note gabs nur dafuer, dass man ineinander geschachtelte
> switch/case-Anweisungen benutzen musste, weil die ganze Problematik unter
> der Ueberschrift Zustandsautomaten ablief und wir eins-zu-eins den
> Automaten in Form einer Tabelle nachprogrammieren mussten, nach 7 kB fast
> fertigem Source war mir dann aber alles egal. :-)

Was ein typisches Beispiel fuer die Art "Physiklehrer mit 30 Jahren Lochkarten-
erfahrung" als Informatik-Planstellenlueckenbuesser ist. 

Holger

-- 
If Microsoft is ever going to produce something that does not suck,
it is very likely a vacuum cleaner.