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RE: Bremse des Fortschritts...



> Ich persoenlich bin auch dagegen, im Urheberrecht die abstrakte
> Verletzung von Kopierschutzmechanismen voellig unabhaengig von einer
hierdurch
> ermoeglichten materiellen Urheberrechtsverletzung als rechtswidrig
> anzusehen:

Das ist jedoch (leider) ein allgemeiner Trend des Internet-Rechts. Da man an
den letztendlichen "Täter" nicht drankommt, versucht man, irgendwo davor
schon einzuschreiten (siehe die ganze Diskussion um die Haftung von ISPs).

> Die Rechteinhaber koennen so durch die Art und Weise, wie sie den
> Kopierschutz ausgestalten (z. B. DVD-Laendercodes, verstossen u. U. gegen
> den Erschoepfungsgrundsatz) den faktischen materiellen Inhalt des
> Urheberrechts bestimmen, das Recht stuetzt dann diese
> inhaltlichen Vorgaben
> der Rechteinhaber, die die Technik macht, und zwingt alle Uebrigen dazu,
> sie einzuhalten.

Da stimme ich voll zu. Durch technische Schutzmechanismen kann sich ein
Produzent gleichsam sein eigenes "Urheberrecht" zusammenschustern.

Nur: dieses Problem besteht auch, wenn die Umgehung des Kopierschutzes nicht
rechtswidrig wäre. Auch in diesem Fall könnte der Urheber eine sehr starke
Verschlüsselung verwenden und (wenn er solche Fehler wie beim XingDVD-Player
mit ungenügendem Schutz vermeidet) verhindern, daß seine Werke entschlüsselt
werden.Daß nun die Umgehung des Kopierschutzes auch noch rechtswidrig ist,
macht die Sache für den Benutzer natürlich noch schlimer.

> Waehrend die internationalen Vertraege nur vorsehen, dass das
> Verletzen des Kopierschutzes dann rechtswidrig ist, wenn hierdurch das
materielle
> Urheberrecht verletzt wird, geht die Regelung in Deutschland noch weiter:
> Sie schuetzt gegen die Beseitigung eines Kopierschutzes auch
> dann, wenn das Kopieren von Werken verhindert, die gar nicht
urheberrechtlich geschuetzt
> sind. Es kommt nur auf die abstrakte Eignung des Kopierschutzes
> an, (auch) vor Urheberrechtsverletzungen zu schuetzen. Damit geraet die
> Definitionsmacht im Urheberrecht einseitig in die Haende der
> Rechteinhaber.

Stimmt. Aber um das Problem (Definitionsmacht in den Händern der
Rechteinhaber) zu lösen, genügt es nicht, Kopierschutzumgehungsvorschriften
abzuschaffen. Vielmehr müßte man explizit definieren, was ein Produzent mit
Technik machen darf und was nicht. Das ist ein viel weitgehenderer Schritt
als die Frage, ob die Umgehung von Kopierschutzmechanismen verboten werden
sollte.


> In der MMR hatte ich mal nen interessanten Aufsatz dazu gelesen, war der
> nicht von Dir?

Kann gut sein, der Aufsatz streifte das Thema jedoch nur.

> Ich finde, dass man als Jurist einen spannenden Job hat, wenn man
> Interessenkonflikte aufloest. Das Urheberrecht macht Spass, wenn es ein
> Instrument ist, um Interessenkonflikte aufzuloesen. Hier wird es zu einem
> Mittel, um einer Seite eine einseitige Definitonsmacht ueber das
> Urheberrecht zu geben und so die Schranken des Urheberrechts auszuhebeln.
> Das nuetzt langfristig niemand, auch den Rechteinhabern nicht. Als Jurist
> ist man kurzfristig fuer die Rechteinhaber bequem, wenn man das
> nicht sagt, mittelfristig ueberfluessig.

"Die Schranken des Urheberrechts dienen der mittelfristigen Erhaltung des
juristischen Arbeitsmarktes". Das ist eine wirklich innovative Begründung
;-))

Stefan
--
#     Stefan Bechtold      stef@n-bechtold.com      Berkeley, CA     #
#              http://www.jura.uni-tuebingen.de/~s-bes1              #
#       Time is what prevents everything from happening at once.     #