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Re: Religionen



On Tue, 7 Dec 1999, Holger Veit wrote:

> > Das aendert aber nichts daran, dass "Ich musste diese Moslems
> > toeten, um das Mem der katholischen Kirche zu verbreiten" keine
> > Entschuldigung fuer einen Kreuzzug ist - selbst als Erklaerung
> > muss es sich strecken.
> 
> Diese Denke steht heute im Konflikt und Konkurrenz mit anderem weit verbreiteten
> Gedankengut, und hat es damit vergleichsweise schwer sich generell durchzu-
> setzen. Andererseits existiert immer noch eine verbreitete xenophobe Haltung
> gegenueber Andersdenkenden und Andersaussehenden. Ob ich das Werfen eines
> Mollys in ein Asylantenwohnheim weltanschaulich begruende oder nicht, aendert
> wenig am Faktum der Aggression.

Dem Molly-Werfer geht es (ebenso wie dem fanatisierten Christen oder
Moslem) durchaus um die Verteidigung einer "Mems".  Man koennte seinen
Standpunkt so formulieren: "Wir verdanken unseren Wohlstand traditionellen
Tugenden. Die Kanaken wollen sich in unser gemachtes Nest setzen und dabei
unsere Tugenden durch diejenigen Untugenden ersetzen, mit denen sie ihr
eigenes Land unbewohnbar gemacht haben."

Xenophobie setzt somit Altruismus voraus.  Die anti-xenophobe Rhetorik
plaediert hingegen fuer eine individualistische Weltsicht, in der es keine
Wertegemeinschaften (Meme) mehr gibt und die Gesellschaft irgendwie von
selbst funktioniert.

Eigentlich ist keine dieser beiden Sichtweisen der anderen wirklich
ueberlegen.  Aber letztere hat das gebildete Milieu hinter sich, erstere
das weniger gebildete.  Zwischen diesen findet staendig ein Kulturkampf
statt, bei dem beide Milieus gleichermassen intolerant ihr "Mem"
verteidigen.

--
phm