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Re: [FYI] NRW-Familienministerin Birgit Fischer ruft zur Mithilfe beim Jugendschutz auf



On Tue, Mar 21, 2000 at 03:00:52PM +0100, Heiko Recktenwald wrote:
> > > "Wer beim Internet-Surfen 
> > > auf Seiten stößt, die er für jugendgefährdend hält, sollte sich 
> > > umgehend an die Behörden wenden", sagte die Ministerin heute in 
> > > Düsseldorf
> > 
> > ist das eine aufforderung zu einer denial of service attacke auf die
> > strafverfolgungsbehoerden ?
> 
> Du meinst, wir schicken ihr alles zu, was jugendgefaehrdend sein koennte,
> ala Cyberpatrol...und noch ein bischen mehr ?

Strikt dagegen.

Die Entscheidung darueber zu treffen "frei ab x Jahre"
moechte ich mir so keinesfalls antun. Denn "it depends".

Lieber sitze ich neben Jugendlichen, wenn "diffuses" kommt
und kommentiere "derartige" Bilder.
Wenn dann Maedels dabei sind, geht das deutlich leichter.

Das gilt fuer die Altersgruppe Schueler im Jugendzentrum (die dort
nur vorhandenen aelteren Monitore haben den grossen Vorteil, dass
sie nicht gut geeignet sind fuer zB "IE 5 1024* fickfotooptimierte
Darstellungen") und auch fuer 20jaehrige Jungs und 17jaehrige Maedels
zuhause in der WG (die Kids sind aelter und die Monitore besser).

Die piktografische Einfuehrung in Sex mit Hinweisen ueber positive
Wirkungen sowie Risiken und Nebenwirkungen setzt zum einen eine
persoenliche Reife voraus und zum andern das sich erinnern koennen
an eigene Erfahrungen.

Es ist aehnlich wie bei den Drogen.
Damit ein Trip kein Horrortrip wird, sondern eine angenehme
Erfahrung, gehoeren u.a. das Set und das Setting hinzu.

Werner Pieper beschreibt in dem wundervollen Abenteuerbuch
"Maximum Respekt" (Der Gruene Zweig 200, ISBN 3-925817-00-X)
auch seine Zeit als Haschischdealer. "Was fuer eine Verantwortung,
mit Substanzen zu handeln, die auf das Bewusstsein der Kunden
einwirken" schreibt er. Das gilt auch fuer Sexbilder.
Doch das interessiert die Sex-Bild-Anbieter nicht mehr.
Wozu auch, wenn der Profit die "MessLatte" ist.

Und auch beim Sex scheint mir, dass viele Eltern garnicht mehr
wissen (wollen), wie sie es in ihrer Jugend getrieben haben.
Das erfaehrt man oft erst, nachdem diese Eltern unter dem
Einfluss einer anderen Droge stehen, dem Alkohol.

In seinen o.a. Erinnerungen schreibt Werner Pieper ueber seine
Zeit als Dealer: "Ende der 80er dachte ich: Nun sind auch bei
den grossen Haendlern, denen man ja hurtig Bandentum unterstellen
konnte, wenn sie mal einen miteinander gekifft hatten, die
Verjaehrungsfristen fuer alle Dealereien abgelaufen. Lasst uns
doch ein Buch ueber jene Zeit machen. So fragte ich per Brief
zwei Dutzend Ex-Kollegen, warum sie gedealt haetten. Was sie
dadurch gelernt haetten. Wie sie heute dazu stehen. Ob sie ihre
Kinder ueber ihre Vergangenheit aufgeklaert haetten. Ob sie
Schwierigkeiten gehabt, und was sie durch diese gelernt haetten.
Etc. p.p. Der Ruecklauf war - fuer mich - erschreckend. Kaum
einer stand zu seinen 'Suenden' von damals, kaum einer war gewillt,
darueber zu reden. Und so mancher, den ich ansprach, hatte die
blanke Paranoia in den Augen, ich koenne ihn outen. Hey, I never
did, keine Bange."

Eine aehnliche Angst haben viele Eltern noch heute in Bezug
auf Sex.
Wer sich wegen vermeintlich jugendgefaehrdende Internetseiten
an Behoerden wendet anstatt Kinder aufzuklaeren, hat IMO seine
eigene sittliche Reife noch nicht wirklich erlangt.

wau
-- 
Als Sharon Levinson Mitte der 90er Stadtfuehrungen...durchfuehrte, wa-
ren diese gut besucht. Thema: Der Heidelberger Underground. Fast alle
Interessenten erwarteten eine Fuehrung durch die Keller der Altstadt &
waren fasziniert durch Erzaehlungen aus der juengeren Stadtgeschichte.