[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Re: [FYI] Zunehmende Internet-Regulierungsphantasien im BMJ



 HiYa!

On 25 Apr 00, at 14:22, Andreas Jellinghaus wrote:

> Was kann man der Regierung eigentlich empfehlen ?

Erwerb von Medienkompetenz, Weitergabe derselben.

> Regierung und andere wollen dringend irgendeine Form des Jugendschutzens.
> Ebenso wollen die Leser dieser Mailingliste kein System, das Zensur
> durchführt oder möglich macht.

Vernünftiger Jugendschutz besteht darin, dass die Jugend den
_richtigen_ Umgang mit dem Medium erlernt. Problem hierbei ist:
Es muss erst mal jemand da sein, der dies vermitteln kann.
Die Ersatzhandlung (Filtern auf Teufel komm raus) ist mehr als
unzureichend.
Merksatz: Das Leben selbst ist nicht jugendfrei. Wie kann man
dies dann vom Web, dem Spiegel der Gesellschaft, erwarten?

> Da in letzter Zeit verstärkt das Thema Filtern aufgegriffen wird
> (oder nur noch dieses diskutiert wird), da Frage ich mich
> was aus den Ansätzen der Selbstauskunft wurde ? Irgendein Header
> im HTTP oder Tag im HTML könnte eine Einstufung vornehmen, der
> Browser kann nur seiten Anzeigen, die dieses Tag haben. Wahlweise
> kann auch ein Zwangsproxy dies durchsetzten.

Welcher Kulturkreis oder welche Nationalität soll hierbei die
Vorlage bieten? "Am deutschen Wesen soll die Welt genesen"?
Natürlich kann man den Header mit verschiedenen Meta-Tags
vollpfropfen, aber - wer von den Anbietern 'entsprechender Seiten'
wird dies schon tun, da dies deren Hauptintention völlig
widerspricht? Ich bitte nochmals darauf zu achten wo die
geografischen Grenzen im Netz verlaufen (Fundstellen bitte
melden). ;-)
Selbst wenn Kennzeichnungen nun durchgesetzt wären, dann
musst Du dafür sorgen, dass auch nur darauf vorbereitete Browser
verwendet werden. Denn bei Browsern gilt: "Den Tag, den er nicht
versteht, interpretiert er nicht". Zwangsupdate bei allen Bürgern?
Nicht jeder verwendet Wintel und Internet Exploder, auch nicht
unbedingt Netscape usw. Was wäre, wenn ich mir NextStep auf
eine Surfkiste ziehe, oder meinem ollen A3000 wieder ein Netzteil
spendiere bzw. den ST etwas entstaube? Die Rechnerwelt ist zum
Glück nicht so homogen wie sich das in Redmond einige
wünschen.
Und Zwangsproxy kommen nicht in Frage. Dann könnten wir ja
gleich die chinesische Flagge hissen.....

> Der Gesetzgeber wird vermutlich das absichtliche falschdeklarieren
> unter Strafe stellen (sonst könnt ja jeder das ganze umgehen),
> und die Lösung hilft nicht gegen Serverbetrieber im Ausland oder
> gegen verschiedene Ansichten was zulässig ist und was nicht.

ACK.

> Aber immerhin ist das ein Ansatz, bei dem der normale Benutzer nicht
> eingeschränkt wird, er kann sich beliebige Seiten auch ohne Jugendschutz
> Zertifikat anschauen, und kann seine Seiten wahlweise ohne solche
> Klassifizierung anbieten, auch wenn diese dann von Jugendlichen nicht
> angesehen werden können.

NAK. Natürlich wird auch der 'normale' Benutzer erheblich
beeinträchtigt werden, denn wie willst Du den 'unnormalen' vulgo
nicht berechtigten (jugendlichen?) Benutzer vom 'normalen'
Benutzer unterscheiden?

> Die Medien Industrie könnte man dafür ja vielleicht begeistern, denn
> irgendeine Selbstkontroll Organisation kann das ganze durchführen,

Dieses Modell wird im Zusammenhang mit RPS diskutiert und ruft
nicht nur bei mir aufgrund der damit möglichen
Meinungsmanipulation ein ziemliches Magengrummeln hervor.

> die Bundesprüfstellen gehen nur auf Verdacht vor und bleiben von der
> Masse verschohnt, und die Medien Mogule freuen sich über eine weitere
> konzentration der Surfer auf ihre Webseiten, wenn sie selbst die
> Vorreiter mit der Selbstauskunft spielen.

Selbstauskunft setzt darauf reagierende Systeme voraus.

> Eine Sache stört allerdings sehr: den jetzt schon vielfach vorhandenen
> Zwangs-WWW-Proxy Server könnten diese Filterfunktionen aufgezwungen
> werden, denn sind nicht schon jetzt Porno Webseiten erst nach 22:00 im
> WWW erlaubt ?

Wer sich freiwillig einem Zwangsproxy unterwirft, macht sich von
der Willkür dessen Betreibers abhängig. Umgekehrt macht sich der
Betreiber eines Solchen die durchgeleiteten Inhalte zu Eigen, d.h.
übernimmt damit eigentlich eine redaktionelle Verantwortung und
könnte damit ggf. belangt werden (juristischer Hintergrund?).


MfG Olaf