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Re: Democracy by obscuranty?




> >Meine Hauptsorge ist eher, ob ICANN nicht ein Job zum Verheizen von
> >Lebenskraft ist, die anderswo sinniger eingesetzt werden kann.

Die Frage habe ich mir auch sehr ernsthaft gestellt. Mein
Zwischenresulat dazu ist das folgende: Ich halte die weitere
Entwicklung von ICANN für offen, d. h. für beeinflussbar. Ich glaube
nicht, dass der Zug für eine transpartente, demokratische
Netzverwaltung abgefahren ist. Sonst würde ich nicht kandidieren.

Allerdings: Die Energiebilanz wird am Ende jede für sich selbst
aufstellen müssen, und gewisse Investitionsrisiken sind wohl
unvermeidlich ;-)



> Merkwuerdig, dass bislang noch niemand zu diesem Punkt aufmerkte...
> Demokratietheoretisch ist eine solche Beteuerung, die Geldquelle habe
> keinen Einfluss auf die eigenen Entscheidungen, belanglos. Beide sind
> durch die Arkanisierung ihrer Finanzierung unwaehlbar fuer solche, die
> dazu neigen, wenn irgend moeglich programmatisch zu waehlen. Ihnen
> einfach drauflos zu vertrauen - nicht nur bei aller Sympathie, sondern
> weil sie schliesslich Kompetenz bewiesen haben und zur richtigen Szene
> zaehlen - waere naiv. Die Quellen muessen offengelegt sein.

Nur so als Vorbehalt: einen zwingenden Zusammenhang zwischen
Geldgebern und "Entscheidungen" gibt es nicht. Beispiel IETF: Fast
alle Aktiven dort arbeiten für Unternehmen, die handfeste Interessen
in der Standardentwicklung haben. Die persönliche Reputation der
IETFler beruht aber eben darauf, zwischen Arbeitgeberinteressen und
dem Kollektivgut Internet unterscheiden zu können. Wie gut sie das
jeweils hinkriegen, weiss jeder der Beteiligten ziemlich genau zu
beurteilen.
Hinzukommt: In den Bewerbungen geben die KandidatInnen Auskunft
über ihre Arbeitgeber. Insofern finde ich das mit der Arkanisierung
(was ja fast so klingt, als wollten die BewerberInnen ein Geheimnis
daraus machen) etwas übertrieben.

Was nun mich und meine Finanzierungsquellen anbetrifft: Ich
betreibe seit 1987 Grundlagenforschung. Das Geld dafür stammte
immer aus öffentlichen Töpfen.
Derzeit arbeite ich in einem Forschungsprojekt über die DNS Reform.
 Das heisst, es gäbe weitreichende inhaltliche Überschneidungen
zwischen meinem Job und dem Mandat.
Zusätzliche Mittel für Infrastruktur, Organisation, Reisen etc. könnte
ich von meinen Arbeitgebern bekommen.
Wirklich gefallen würde mir eine solche Lösung auf Dauer aber nicht.

Wochen bevor ich mich zur Kandidatur entschied, habe ich mit ein
paar Menschen angefangen darüber nachzudenken, wie sich eine
europäische Finanzierung für europäische KandidatInnen realisieren
ließe.  Meiner Vorstellung nach müsste ein Fond eingerichtet werden,
in den Mittel aus unterschiedlichen Quellen reinfließen können. Dazu
könnten EU-Mittel ebenso gehören wie Spenden großer Unternehmen
oder Stiftungen.
Wichtig finde ich, dass langfristig die _direkte_ Finanzierung einer
KandidatInnen durch eine oder auch mehrere Organisation vermieden
wird - gar nicht nur wegen möglicher Einflussnahme, sondern auch
um das antiquierte, vordemokratische Kriterium "wohlhabender
Pensionär" endgültig aus der Welt zu schaffen.

jeanette