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Kurzer Hinweis zu Bertellsmann, ICRA, Filter, BKA



[diese Mail geht an fitug und ccc]

Guten Tag,

ich hatte gestern im Rahmen eines WDR-Streitgespräches
(wird Sonntag Abend ausgestrahlt) die Gelegenheit von 
Marcell Machill, Abteilungsleiter Medienpolitik bei der 
Bertelsmann-Stitftung ein paar Details über das dort 
morgen (Freitag) stattfindende "Internet Content Summit"

http://www.stiftung.bertelsmann.de/internetcontent/english/frameset_home.htm

und die geplante Verfahrensweise zu erfahren.

Abgesehen von den üblichen Äußerungen von Herrn Machill,
ICRA sei ja nur freiwillig, damit Eltern Ihre Kinder konfigurieren
können und den üblichen Beschwichtigungen, das sei ja "selbst-
regulierung" und blablabla, hat er auch etwas zur Kooperation
mit dem BKA gesagt.

Das BKA erstellt in Eigenregie eine Liste von "eindeutig in
deutschland illegalen Inhalten" die dem ICRA-System 
(http://www.icra.org) übermittelt werden.

Der Benutzer (ICRA wird Clientseitig implementiert, angebliche
Kooperation mit Netscape, Microsoft, Blabla) legt selbst die 
Kriterien (á la Busen an/aus, Nacktheis an/aus, Gewalt ja/nein)
fest. Laut Machhill ist auch die Berücksichtigung der BKA-Liste
optional.

Auf die aufkommende Frage, ob denn nicht die Gesetzgebung
(TDG §5, Absatz 4, siehe http://www.iid.de/iukdg/gesetz/iukdg.html)
relativ kurzfristig die Begehrlichkeit aufkommen lassen würde,
vom BKA als "eindeutig illegale Inhalt" klassifizierte Sites
obligatorisch zu sperrren, sagte Machhill, das sei ja
völliger blödsinn und für ihn völlig undenkbar.

*Ende, des Berichtes, Anfang des subjektiven Kommentars*

Also, entweder der Mann ist m.E. total bekloppt und naiv, oder aber
es handelt sich um eine bewusst gewählt Strategie. Nehmen wir
mal kurz an, es handelt sich um eine Strategie. Dann würden
also diejenigen ISP´s, die ICRA-Unterstützen (zum Beispiel
das nicht völlig Bertelsmann-Kooperationsfreie AOL) quasi
nachweisen, daß eine Filterung "zumutbar" ist. In einem
ersten Schritt würde das BKA die Filterung der von Ihnen
deklarierten Inhalte als obligatorisch fordern. Dann würden
ein paar Bytes in der ICRA-Software modifiziert. 

Logisch erscheint mir, daß als nächstes beim von Bertelsmann
lobbbymässig bearbeiteten Gesetzesgeber der Eindruck entsteht,
das Filtern sei doch generell zumutbar. Wenn AOL ihren Usern
entsprechende Clients in die Hand drücken kann -  oder das
vielleicht gleich netzmässig macht, Stichwort "Kindersicherung"
- dann stellt sich doch die Frage, warum andere ISP´s nicht auch.
Und wenn Netscape und Microsoft durch Implementierung in
Ihre neuen Browser Version das ICRA-Zeugs drinne haben,
doch erst recht. Muß ich das Szenario weiter ausmalen? 

Kann mir bitte mal ein Jurist fundiert belegen, daß meine
Theorie völliger Blödsinn ist und Herr Machhill dort etwas
völlig unproblematisches im Sinne von gemeinnütziger
Selbstregulierung macht? Und das es selbstverständlich
kein Zusammenhang zu wirtschaftlichen Interessen der
Firma Bertelsmann, ihren Ablegern und/oder AOL gibt? 

Am Freitag soll das System u.a. Vertretern von Kirchen,
Jugendschutzverbänden und ähnlichen Institutionen vorgestellt
werden. Sieht da jemand noch Handlungsnotwendigkeit?
Optionen? Ideen?

Kommentare?

Andy

-- 
"chaos will reign" - MPAA Anwalt Leon Gold im Prozess gegen 2600 wg. DeCSS

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