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Re: [FYI] Innenminister Schily: Anonymität im Internet ist kein Grundrecht
- To: debate@fitug.de
- Subject: Re: [FYI] Innenminister Schily: Anonymität im Internet ist kein Grundrecht
- From: Rigo Wenning <rigo@fitug.de>
- Date: Sun, 10 Sep 2000 13:36:16 +0200
- Comment: This message comes from the debate mailing list.
- In-Reply-To: <39B95CAC.26778.12C2E9@localhost>; from horns@ipjur.com on Fri, Sep 08, 2000 at 09:39:56PM +0200
- References: <39B95CAC.26778.12C2E9@localhost>
- Sender: owner-debate@fitug.de
- User-Agent: Mutt/1.2.5i
Das ist original das französische Gesetz von diesem Jahr,
gegen das IRIS und andere von GILC Sturm gelaufen sind.
Der Conseil consitutionnel hat einige Bestimmungen des
Gesetzes aufgehoben, allerdings war das Verbot der Anonymität
nicht darunter. Der Ansatz erscheint nur möglich für die klassische
Veröffentlichung im Web. Das TDG verlangt eine Identifizierung
nur für kommerzielle Web-Site's. Aus gutem Grund, denn:
Mit dem Verbot der Anonymität werden Web-Chats (die hier eh
keiner mag, soweit ich übersehen kann) faktisch vom Staat
verpflichtend zu big brother werden weil der Anbieter die
evtl. Pseudonyme auflösen können muss. Es verträgt sich nicht
mit Publius und anderen Systemen der anonymen Veröffentlichung.
Anon-Remailer, News-to-Web Gateways wie Deja und andere Dinge
werden unmöglich. Die Lösung anzudenken und in die Diskussion
zu werfen ist legitim. Es ist an uns, die Nachteile und die
Unausgegorenheit des Ansatzes deutlich zu machen.
Im Grunde ist der Vorschlag direkt gegen die Bemühungen der
deutschen Datenschützer gerichtet. Es wird interessant zu
hören, wie die Datenschützer antworten werden.
Ich finde es voreilig zu sagen, dass Anonymität kein Grundrecht
ist, denn die Verbindung von Anonymität und informationeller
Selbstbestimmung bzw. allgemeinem Persönlichkeitsrecht und
anderen Grundrechten ist bisher kaum diskutiert. Die Hexenjagd
auf rechtsradikale Seiten (die ohnehin zu einem hohen Prozentsatz
in den USA liegen, wo sie durch das First Amendment geschützt sind)
sollte nicht dazu führen, dass ohne grosse Überlegungen das Kind
mit dem Bade ausgeschüttet wird. Ob ich in Deutschland rechtradikale
Seiten jetzt einmal oder mehrfach verbiete, hat auf die Seiten
in den USA kaum eine Auswirkung, es sei denn der Autor sitzt in
Deutschland. Der wird aber wohl kaum seine Adresse in
Deutschland auf seiner US-Seite deklarieren....
Es handelt sich also um ein untaugliches Mittel. Ist der Autor
nicht bekannt, dann kann die Rechtsgutsverletzung durch Löschung
der Seite jederzeit mit Wirkung für die Zukunft beendet werden.
Den notwendigen Ansprechpartner erhält man über das DNS und dort
den Admin-c contact. Den Täter zu schnappen ist ein wenig mehr
Arbeit, wenn er seine Identität nicht deklariert. Wenn ich aber
von vorneherein weiss, dass ich was verbotenes tun will, dann
werde ich auch auf die Nennung meiner Identität verzichten. Die
Forderung klingt so, als wollten wir Bankräuber verpflichten, sich
vorher auszuweisen, bevor sie eine Bank ausrauben. Natürlich würde
das der Polizei die Arbeit ungemein erleichtern.....
Gruss
Rigo
On Fri, Sep 08, 2000 at 09:39:56PM +0200, Axel H Horns wrote:
> http://www.heise.de/newsticker/data/jk-08.09.00-005/
>
> ------------------------------- CUT -------------------------------
>
> Innenminister Schily: Anonymität im Internet ist kein Grundrecht
>
> Bundesinnenminister Otto Schily hat sich für einen Zwang zur
> Identifizierung der Nutzer bestimmter Internet-Dienste ausgesprochen.
> Anonymität im Internet sei nicht die Voraussetzung für die Ausübung
> des Grundrechts der freien Meinungsäußerung, erklärte Schily im
> Interview mit c't.
>
> Das Recht auf anonyme Nutzung von Telediensten ziele auf den Schutz
> der Privatsphäre, damit durch Protokollierungen keine vollständigen
> Nutzerprofile entstünden. Dies dürfe allerdings nicht so weit gehen,
> dass inkognito strafbare Inhalte in das Internet gestellt,
> Hackerangriffe verübt oder Viren verbreitet würden. "Hier sind die
> Diensteanbieter gefordert, durch den rechtlich möglichen Zwang zur
> Identifikation eines Nutzers bei der Nutzung bestimmter Dienste –
> etwa Einstellen von Dateien auf Web-Servern – mitzuhelfen, illegale
> Internet-Aktivitäten zu verhindern", erklärte der
> Bundesinnenminister.
>
> [...]
>
> Das vollständige Interview mit Bundesinnenminister Otto Schily bringt
> c't in Ausgabe 19/2000 (ab dem 11. September im Handel). (jk/c't)
>
> ------------------------------- CUT -------------------------------