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Re: [FYI] Neues zu RPS



On Thu, Nov 02, 2000 at 11:38:38AM +0100, Heiko Recktenwald wrote:
> > > Kunden. Versuchs mal historisch zu sehen. Stell Dir vor, erst war da meine
> > > mp3 Datei, erst dann kam der Robot. Soll es meine Schuld sein, dass da
> > > nachtraeglich Oeffentlichkeit entstanden ist ?
> > 
> > Ja.

Genauer: wenn Du hinterher trotzdem noch mp3s ins Netz packst.

> Und wie konstuierst Du das ? Zur Verdeutlichung: es gab noch gar keine

Mit dem Recht des Fortschritts. Es kann nicht angehen, dass eine Regelung
fuer ewig festgenagelt ist, bloss weil sich irgendwann mal eine Gewohnheit
ausgebildet hat. Das wuerden wie gesagt vielleicht Juristen gerne so sehen,
weil sie vom Denkkonzept her konservativ sind, weswegen es schon Kometen
vom himmel regnen musss, dass mal einmal gefasstes Gesetz zurueckgenommen
wird. Daher resultiert meine Kritik an der Juristerei - es wird eine
eigene Welt konstruiert, die vielleicht irgendwann mal was mit der Realitaet
zu tun gehabt haben mag, aber inzwischen ziemlich weit davon divergiert.

> Robots, als ich da meine Lieblingsmusik auf den Server setzte, schoen
> verlinkt, damit ich nur noch anklicken muss.. Stellen wir uns den Fall mal
> im Jahre 1994 vor. Yahoo war akebono.stanford.edu und nur eine
> Seminararbeit. Nur um mal die Struktur des Problems zu verdeutlichen.

Wenn morgen qua Gesetz das Rauchen, z.B. wegen nachgewiesener Schaedlichkeit,
vollstaendig verboten wuerde, waere das, was ca 1/3 der Bevoelkerung
bislang gemacht haette, schlagartig illegal. Nicht rueckwirkend, das nicht,
aber von morgen an. Wer jetzt trotz Wissens um den Sachverhalt weiter raucht,
der ist Schuld und den trifft in diesem Falle sogar die Strafe. Und sogar
wer von diesem neuen Gesetz nichts gewusst hat, der kann trotzdem bestraft
werden.

Das obige Beispiel von Dir beschreibt genau diesen Effekt. Spaetestens 
als man mit irgendeiner Suchmaschine ein MP3 von Dir finden konnte, waere
fuer Dich der Zeitpunkt gekommen gewesen zu ueberlegen, wie dies zu verhindern
gewesen waere. Und zwar nicht, wie Du es hier gerne haettest, nach dem
Floriansprinzip. Selbst wenn Du es nicht getan hast, und selbst wenn Du keinen
blassen Schimmer davon gehabt haettest, dass sowas ueberhaupt ginge.

"Ich habe doch gar nicht gewusst, dass man die CDs auf dem Marienplatz nicht
kopieren durfte, und dass es sowas wie ein Urheberrecht ueberhaupt gibt".
Trotzdem wirft man Dich dafuer dann in den Karzer.

> Kleine Variante, nicht dass ich denke, sowas ist noetig: es gibt einen
> .robots Text. Der wird von Bill Gates Suchmachine ignoriert, weil sich
> Bill nicht um Konventionen kuemmert. Meine Schuld ?

Das StGB-Gesetz spricht ja bei Datendiebstahl und -sabotage von "besonders
geschuetzten" Daten. Jetzt habe ich auf meinen Floppylaufwerksschlitz ein
Stueck Gaffertape geklebt. Sollte doch eigentlich reichen, oder? Ist das
etwa meine Schuld, wenn jemand trotzdem meine Daten kopiert?

Die Argumentation erinnert mich stark an DeCSS- und KiPo-Debatte: Wenn das so
weiter geht, dann reicht wohl demnaechst ein Logo "Lesen verboten" auf einer
Webpage...nebst Strafverfolgung aller Leute, die sich durch das Runterladen
des Logos bereits strafbar gemacht haben.

Ein bischen mehr muss man fuer "besonders geschuetzte Daten" schon aufbieten.
Und wie viel das ist, kann sich sogar mit der Zeit aendern. 303a und b
stammen im Grunde noch aus der Zeit der Lochkarten, und besonders 
geschuetzt war ein Vorhaengeschloss vor dem Schrank mit den Magnettrommeln.

> Um es mal von mp3s wegzubringen: Man kann ueberhaupt nichts mehr ueber
> das Netz diskutieren, mit radikalen Gleichgesinnten, wenn alles gleich
> "Oeffentlichkeit" ist.

Doch, z.B. in einem abgeschlossenen Kreis wie etwa members@fitug.de, und
wenn einen Echolon stoeren sollte, dann setzt man da noch eine Schicht PGP
drauf. Und das entspricht dann in etwa der Diskussion beim Bier mit Kumpels
im eigenen Wohnzimmer.

Holger

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