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Re: FYI: Patente und Open Source



Rigo Wenning wie auf einen neuen Aufsatz von A. Horns hin:

> http://www.jurpc.de/aufsatz/20000223.htm !

Leider im Denken noch sehr im kasuistischen Denken verhaftet.  Juristen
koennen das wohl nicht lassen.  Auch die BMJ-Leute merken nie, dass es
jetzt um politische Entscheidungen geht, bei denen die Moeglichkeiten
keineswegs so sehr durch Fallrecht eingeengt sind, wie man das als Jurist
normalerweise zu denken gewoehnt ist.

Extrem enttaeuschend finde ich die schlecht begruendete Behauptung, das
Abgrenzungskriterium der Technizitaet tauge heute nicht mehr zu einem
Ausschluss von Computerprogrammen.  Das darf einfach nicht sein.  Wer z.B.
die diesbezueglichen Ausfuehrungen von Kolle, Benkard, Smets
(pro-innovation.org), dem Offenen Brief (alles von AHH nicht erwaehnt) usw
usf fuer ungueltig erklaert, ist eine Begruendung schuldig.

Abgesehen davon ist auch ein nicht durch "Technizitaet" begruendeter
Ausschluss von Computerprogrammen im Sinne des EPUe geboten.  Im Gesetz
steht nichts von Technizitaet.  Die Technizitaetslehre ist eine
Hilfstheorie, und wenn sie, wie AHH meint, heute nicht mehr zur
Interpretation des Gesetzes taugt, ist dem Gesetz der Vorrang vor der
Hilfslehre einzuraeumen.  Entscheidend ist der Wunsch des Gesetzgebers,
die Programmiertaetigkeit von Patentanspruechen frei zu halten.  So wuerde
das zumindest jeder mit der Faehigkeit des logischen Denkens begabte
Mensch sehen.  D.h. jeder, ausser den an einen verlogenen Standeskonsens
gebundenen Patentjuristen.

Selbst wenn man Computerprogramme als "technisch" ansehen wuerde, koennte
man ihre Patentierung dennoch verweigern und waere nicht durch Art 27
TRIPS daran gehindert.  Schiumas Reden aendern daran nichts.  Eine
Computerprogramm-Ausnahme gilt naemlich "auf allen Gebieten der Technik"
in gleicher Weise.  Patente sind dann nach wie vor "Erfindungen auf allen
Gebieten der Technik erhaeltlich", nur eben ist ein Computerprogramm auf
keinem dieser Gebiete als Erfindung anzusehen.

Enscheidend ist, dass der politische Wille aufgebracht wird, die
Gesetzesinterpretation den wirtschaftspolitischen Zielvorgaben
unterzuordnen.
 
Die ganze Debatte sollte also an einem anderen Punkt ansetzen:  an der
Realitaet der heutigen EPA-Patente und der Frage, was eigentlich
wuenschenswert ist.  Die Frage, wie man das Recht in diese Richtung
bewegen kann, kommt an zweiter Stelle.  A. Horns ist aber wie fast alle
Juristen schon in der ersten Frage zaghaft und laesst sich dadurch den
Blick auf die zweite Frage verstellen.

Die von AHH gezeigte Sympathie mit Opensource-Leuten ist fuer diese ein
Danaergeschenk.  Linux-Entwickler waeren gut beraten, sich nicht gegen die
uebrige Software-Industrie ausspielen zu lassen.  Von der
EPA-Horrorgallerie sind alle gleichermassen betroffen.  Funktional
formulierte Patentansprueche auf Probleme, deren Loesung in einem
Computerprogramm besteht, sind einfach ein Unding.  Das muss weg.  Das
schadet jedem in der Branche gleichermassen.  Ausser ein paar Parasiten.

Ich muss immer wieder einen Spruch von Stallman zitieren, den B.Brecht in
und viele andere in aehnlicher Weise ausgesprochen hat:

	You don't win by asking "Can we win?"
	You win by doing your best to win.

Man koennte das noch erweitern:  Wir koennen nicht gewinnen, wenn wir uns
an juristischem Fallrechts-Denken orientieren.  Mit dieser Orientierung
waeren wir in Sachen Swpat nicht dort, wo wir heute stehen.

-phm