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Trivialität qua Sequentialität



Martin Uecker antwortete auf Axel Horns:

> > Nein. Man muss ja erst mal auf die Idee kommen, dass die in diesem 
> > Patent  beanspruchte Vorrichtung / das in diesem Patent beanspruchte 
> > Verfahren geeignet  sind, eine vorteilhafte Verschluesselung zu 
> > ermoeglichen. Dafuer gibt's das  Patent. Wer dem Meinung ist, dass 
> > gerade dieser Patentanspruch trivial sei,  moege das durch konkreten 
> 
> Kryptographie ist ein untypisches Beispiel. Aber auch hier kann man
> sich Fragen, ob die Leistung wirklich primär beim Erfinder liegt, oder
> nicht vielmehr bei all' denen, die das Vertrauen in einen Algorithmus
> geschaffen haben, indem sie ihn analyisiert und keinen Schwach-
> punkt gefunden haben.

> Das Problem mit Swpat scheint mir zu sein, daß in unserer
> Informationsgesellschaft so auf gegenseitigem Fortschritt
> aufgebaut wird, daß sich ein nichttriviales Swpat entweder von
> vorneherein nicht auf die Leistung ausschließlich des Patentinhabers
> beziehen kann, oder aber diese Leistung durch den Fortschrit bald
> relativiert wird.

Es wäre interessant herauszuarbeiten, in wieweit das ein für Swpat
besonders kennzeichnendes Problem ist.

Gewiss ist die Innovation im Bereich der Informationsgüter noch stärker
kooperativ und sequentiell als woanders.

> So ist RSA eine einfache Anwendung des Satzes von Euler-Fermat. Die
> Nichttrivialität des Ganzen steckt primär in bekannter Mathematik
> (Satz von Euler-Fermat, und der Schwierigkeit der Faktorisierung
> von Produkten großer Primzahlen.) Daraus RSA zu machen, war eigentlich
> nur eine einzelne gute Idee hinzuzufügen.
 
> Oder wir nehmen ein komplexes Verfahren zur Datenkompression, in dem
> viel kreative erfinderische Tätigkeit investiert wurde. Trotzdem
> wird dieses Verfahren aus vielen einzelnen Teilen bestehen, die
> für sich gesehen relativ einfach sind und mit der Zeit tausendmal
> unabhängig voneinander erfunden werden. Und auch das Zusammensetzen
> dieser Teile ist für sich wieder ein einfacher Akt. Das Problem mit
> der Patentierung ist, daß man entweder das Zusammensetzen oder alle
> Teile patentieren kann, also niemals irgendetwas, was längerfristig
> als wirklich nichttrivial gelten kann.

Es wird ja auch in Fällen wie RSA und MP3 meist nicht das komplexe
Verfahren patentiert, sondern einzelne Merkmale davon.  So kann es leicht
passieren, dass ein ansich nicht triviales Verfahren wie MP3 durch ein
ganzes bündel übermäßig breiter Trivialpatente "geschützt" wird, die dann
auch ein ganz unabhängig entwickeltes komplexes Verfahren wie OggVorbis
verhindern.
 
> Trivialität ist deshalb keine Eigenschaft, die ein Swpat hat oder
> auch nicht hat, sondern hängt vom allgemeinen Kenntnisstand ab, und
> der macht durch den schnellen Fortschritt alles, was ein einzelner
> (oder eine einzelne Firma) in diesem Bereich in endlicher Zeit
> schaffen kann, schnell trivial. Ein Swpat steht damit zwangsweise
> nach kurzer Zeit dem Fortschritt im Wege, weil automatisch andere
> das selbe Problem auf die selbe Weise lösen werden.

Danke für die Analyse.  Du lieferst wichtige Erkenntnisse, die in meinem
Versuch

	http://swpat.ffii.org/stidi/frili/
	Why Software Patents are so Trivial

noch fehlen.

-phm