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[FYI] Thierse plaediert fuer Begrenzung der Unterrichtung der Oeffentlichkit mittels Internet



[Ich lese hieraus eine gewisse Bereitschaft von Herrn Thierse, den 
Politikbetrieb wieder gegen zuviele Mitdebattierer abzuschotten. Man 
hat offenbar gemerkt, dass die fruehzeitige Dissemination von 
Primaerdokumenten (wie Gesetzesinformationen) anstatt Meta-Texten 
(Presseerklaerungen) ueber das Internet ein brisantes Thema ist, weil 
es die NGOs in ihren Aktions- und Argumentationsmoeglichkeiten enorm 
staerkt. Das empfinden die Polit-Profis offenbar als laestig. 
Irgendiwie erinnert mich das an parallele Bemuehungen auf EU-Ebene, 
den free flow of information aus den Amtsstuben heraus wieder 
staerker einzuschraenken. Ich halte dieses Zurueckrudern von Thierse 
fuer verfehlt. Es sollte IMHO nicht ohne Widerrede bleiben, wenn die 
Politik-Kaste versucht, ihre Kommunikationsprozesse wieder auf die 
"wiklich wichtigen" Leute zu beschraenken. Thierse kann mir nicht 
erzaehlen, dass in der vor-Internet-Zeit den Lobbyisten Informationen 
vorenthalten worden waeren. Im Gegenteil, nur wer sich als 
respektabler Lobbyist mit einer dahinterstehenden Pressure Group 
konstituieren konnte, wurde zu den "interessierten Kreisen" gerechnet 
und in die (Schnecken-)Postverteiler aufgenommen.          ---AHH]   

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,110135,00.html

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"Der Bundestag ertrinkt in E-Mail-Sendungen"  

SPIEGEL ONLINE: Ist das Internet nicht das ideale Medium, 
Ausschussunterlagen zugänglich zu machen, so dass die Demokratie viel 
transparenter wird?  

Thierse: Das hat ja teilweise schon begonnen, indem die erste Fassung 
eines Gesetzes für das Fachpublikum ins Netz gestellt wird. Aber es 
ist noch nicht sicher, ob das wirklich etwas Produktives bedeutet. 
Das Internet ist zwar ein nutzbringendes Kommunikationsorgan 
geworden, aber führt auch zu unsäglich viel Kommunikationsmüll. Der 
Bundestag ertrinkt in E-Mail-Sendungen. Wir überlegen längst, wie man 
einen Filter entwickelt, der das Unwichtige vom Wichtigen trennen 
kann.  

SPIEGEL ONLINE: Gleichwohl könnte der Bundestag entscheidende 
Dokumente einsehbar machen, bevor Beschlüsse fallen.  

Thierse: Ich bin nicht sicher, ob das die Gesetzesarbeit wirklich 
verbessern würde. Womöglich bekommen wir nur einen Zuwachs von 
Lobbyismus. Weil dann natürlich alle Fachinteressierten gleichermaßen 
mitreden wollen. Aber Parlamentarier und Beamte müssen auch geschützt 
werden, dass sie nicht unter permanentem Interessensdruck stehen. Ich 
will damit keinesfalls die neuen Chancen für die Demokratie durch das 
Internet verhehlen, wir müssen aber auch die Kehrseite sehen.  

SPIEGEL ONLINE: Die da wäre?  

Thierse: Bislang dominiert im Internet eine wenig differenzierte Art 
von Kommunikation. Viele hauen da möglichst knallig, rotzig, oft ohne 
nachzudenken was rein, weil es auf Schnelligkeit so ankommt - Zuhören 
ist da weniger gefragt oder auf die Argumente anderer einzugehen. So 
werden schnell Vorurteile verbreitet, diese Gefahr ist groß.  

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