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Re: Patentrezepte von Bulmahn



Boris Groendahl <bgroendahl@thestandard.com> writes:

> > Wenn der Lehrbetrieb privatisiert und Studiengebühren, flankiert durch
> > Stipendien, eingeführt würden, käme vieles von selbst voran, was heute im
> > argen liegt (überfüllte Hörsäle, bürokratische Orientierung von Studiengängen
> > u.dgl.).
> 
> Auch wenn das wieder vom eigentlichen Thema wegfuehrt, wuerde mich schon mal
> interessieren, ob solche libertaeren Positionen wie diese irgendwie in einem
> zwingenden Zusammenhang zu der jeweiligen Position zu Softwarepatenten
> stehen. Ist nur so eine Idee, vielleicht faellt jemandem ja etwas dazu ein.

Die Erfahrung zeigt: Softwarepatente sind schwachsinnig.
Dafür lassen sich dann auch nachträglich Erklärungsmuster im Rahmen jeder
Ideologie finden.  

Sogar das "Geistige Eigentum" lässt sich durch diese Erkenntnis bestärken:
Softwarepatente sind eine Gefahr für das Geistige Eigentum.  Sie
zerstören das Eigentum des Urhebers an seinen Werken.

> Springorum zB. verneint ja diesen Zusammenhang, wenn er die
> Anti-Patent-Haltung "digitalen Sozialismus" nennt (und das negativ
> meint, natuerlich). Das ist natuerlich polemisch gemeint, aber es
> steckt denke ich schon eine ernsthafte Frage dahinter.

Wer eine Eigentumsregel (sei es Privateigentum, sei es Gemeineigentum)
dort durchsetzen will, wo sie nicht hingehört, erzeugt letztlich ein
Gesellschaft, die viel mit dem real existierenden Sozialismus
gemeinsam hat:

- Machtkonzentration, Bürokratie, Ineffizienz
- verlogene Machterhaltungsideologien, Neusprech 
- Breschnewsche Stagnation, verfallsbeschleunigende Reformversuche etc  

> Man koennte die Frage auch als Aufgabe formulieren und sagen: Wer entwickelt
> mal eine politische Oekonomie des geistigen Eigentums?
 
Man kann, aus der liberalen Perspektive, eine solche Ökonomie bei
Fritz Machlup finden.  Er erstellte in den 50er Jahren ein
patentkritisches Gutachten für die US-Regierung.  S. deutsche Fassung

        http://www.sffo.de/machlup1.htm

Nicht wesentlich anders haben die meisten Volkswirtschaftler das
Patentwesen beurteilt.  Innerhalb des Systems des freien Marktes ist
das Patentwesen eine Wettbewerbseinschränkung, die gerechtfertigt
werden muss.  Werner von Siemens und sein Patentschutzverein haben
diese Rechtfertigung in den 1870er Jahren auf rein
volkswirtschaftlicher Ebene geliefert.  Sie haben den Nachweis zu
führen versucht, dass wir alle insgesamt dadurch reicher werden, dass
wir auf einige Freiheiten zeitweilig verzichten.  Im Rahmen dieser
Debatte ist auch der Technikbegriff entstanden, der eingrenzen sollte,
was für Freiheiten das denn seien.  In

        "Patente, Wettbewerb und technischer Fortschritt"
        http://swpat.ffii.org/vreji/papri/wuw-kaufer70/

von 1970 wird gesagt, es seien die Erfindungen mit hohem Empiriegrad,
deren Patentierung sich volkswirtschaftlich lohne.  Das wurde nicht
lange ausgeführt, denn es deckte sich mit dem gewohnheitsrechtlichen
Konsens zum Begriff der Technizität, den Kolle 1977

        http://swpat.ffii.org/vreji/papri/grur-kolle77/

ebenfalls volkswirtschaftlich begründet und der auch im
Benkard-Kommentar zum PatG 1988 eine eindrucksvoll detaillierte
Erklärung erfährt, die alle späteren Apologetik-Versuche (wie die des
Herrn Pfeiffer) als Lügen entlarvt.

Bisher hat niemand auch nur versucht zu behaupten, dass wir durch
Ausweitung dieses Begriffes etwas für die Volkswirtschaft gewinnen.
Die Ausweitung wurde nur mit angeblichen Sachzwängen (juristischer
oder standortpolitisch-wettrüstungshysterischer Art) begründet.  Das
gilt auch für Herrn Springorum oder den Siemens-Patentchef Arno
Koerber:

        http://swpat.ffii.org/vreji/papri/boch97-koerber/

Koerber führt immer die Chemie und Pharmazie an, wenn es darum geht,
das Patentwesen volkswirtschaftlich zu rechtfertigen.

Kurz: die Swpat-Kritiker haben die politische Ökonomie ganz auf ihrer
Seite.  Die einzige Chance der Patent-Apologeten liegt darin, sie auf
ideologische/moralistische Radikalstandpunkte festzulegen.  Denn
solche sind sie selber zu vertreten gezwungen.

-phm