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Franzoesische Sympathien fuer Werthebach-Vorstoss



Berliner Zeitung vom 8.2.2001
http://www.BerlinOnline.de/aktuelles/berliner_zeitung/berlin/.html/8840.html

"Leadership" steht auf der schwarzen Liste

Iris Brennberger

Vor kurzem hat er es wieder getan: In einem Artikel für die
französische Tageszeitung "Le Monde" verwendete Arnaux
Leparmentier das englische Wort "leadership" (Führung). "Ich
habe sofort böse Briefe von Lesern bekommen", sagt der
Journalist, der seit dreieinhalb Jahren aus Berlin berichtet.
Mehr noch: Ein Blick in den "Sprachkodex" seines Verlags zeigte
ihm, dass seine Leser Recht hatten. "Leadership" ist bei "Le
Monde" verboten. "Autorité" oder "predominance" wären korrekt
gewesen.

Leparmentier fand die Leserbriefe kleinlich. Doch im Prinzip
steht der 33-Jährige hinter der Sprachregelung bei Le Monde.
Seit Mitte der 90er-Jahre gibt es die Verbotsliste im Haus.
Damals wurde in Frankreich ein Gesetz zum Schutz der
französischen Sprache erlassen, das Beamte und Werbeleute
verpflichtet, sich in gepflegtem Französisch auszudrücken. Und
obwohl Journalisten davon nicht direkt betroffen waren, seien
viele Kultur- und Medienleute seitdem zurückhaltender im Umgang
mit Fremdwörtern. Viele englische Wörter wie "walkman" oder
"event" seien in Frankreich durch französische Wörter ersetzt
worden, sagt Leparmentier - anders als in Deutschland.

Daher hat der Franzose Verständnis für den Vorschlag von Berlins
Innensenator Eckart Werthebach (CDU), ein Gesetz zum Schutz der
deutschen Sprache zu erlassen. "Es klingt komisch, wenn die
Deutsche Bahn ihre Züge ,Jet Star' nennt", sagt er. "Laptop"
oder "action" - dafür könnten deutsche Synonyme gefunden werden.
Seine Kollegin von "Liberation", die Berlin-Korrespondentin
Lorrain Millot, sieht das ebenso: "In Deutschland werden viel
mehr englische Wörter verwendet als in Frankreich."

Den Vorwurf, ein Sprachgesetz schüre Rassismus, lassen beide
Franzosen nicht gelten. "So lange das Ganze nicht in Richtung
Leitkultur ausartet, ist es in Ordnung", sagt Lorrain Millot.
Der verbreitete Anglo-Slang sei ein Zeichen deutscher
Identitätsprobleme: "Man versteckt sich hinter Amerika."

"Ich liebe die deutsche Sprache und ich wünsche mir, dass sie am
Leben bleibt", sagt die Französin. Ob ein Gesetz das richtige
Mittel wäre, könne sie nicht beurteilen. Aber in Deutschland
müsse mehr über das Thema gesprochen werden. "In Frankreich hat
allein die Diskussion viel bewirkt", sagt Lorrain Millot. In
ihrem Verlag gebe es beispielsweise keinen Sprachkodex.
Trotzdem: Selbst das einst verspottete Wort "ordinateur" für
Computer geht ihr mittlerweile ganz selbstverständlich über die
Lippen.