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Re: Grober Konsens



djenia <djenia@high.de>:

> Naja, ein Vertrag sagt aus, was passiert, wenn man sich nicht an ihn hält,
> wer darüber zu wachen hat, daß sich die beteiligten parteien an ihn halten
> und wer die parteien sind. Wäre unser Recht in einer Volksbefragung
> entstanden und würden sämtliche Gesetze vom Bürger entschiden (->
> schweiz), dann läßt sich das auch als Gesellschaftsvertrag darlegen. (=>
> Basisdemokratie).

An einen Vertrag ist gemeinhin nur gebunden, wer dem Vertrag zugestimmt
hat. Wenn A und B einen Vertrag schließen, kann der Vertrag für A und
B Pflichten begründen, nicht aber für den unbeteiligten C. 

Um eine Volksbefragung als Vertrag zu konstruieren, bräuchte man also
eine Beteiligung von einhundert Prozent aller rechtsfähigen Individuen
und einhundert Prozent Zustimmung. Und auch dann wären Einwanderer,
Auswärtige und Nachgeborene nicht erfaßt.

>> - Schließlich: Ein Vertrag ist eine verbindliche
>>   Vereinbarung. Verbindlich sind Verträge, wenn eine Rechtsordnung
>>   ihre Verbindlichkeit vorschreibt. Woher kommt die Verbindlichkeit
>>   des ersten Vertrages?

> siehe oben.

???

>> akzeptiert wird. Zum Beispiel sehen heutige Rechtsordnungen eine höchste
>> Gerichtsinstanz vor, die keiner weiteren Rechtsaufsicht
>> unterliegt. Das funktioniert nur, wenn das höchste Gericht das Recht
>> als gültig ansieht (oder wenigstens nicht allzu offen mißachtet).

> Auch das ist nicht ganz wahr, denn die Regierung ist nicht gezwungen, sich
> an die Entscheidungen des BGH zu halten (=> Siehe Marihuanaurteil von
> 1994, http://www.kimwillkiffen.de/content/prozess/index.htm)

???

[Jellinek:]

>> Die Positivität des Rechts ruht daher in letzter Linie immer aus der
>> Ü b e r z e u g u n g von seiner Gültigkeit. Auf dieses rein
>> subjektive Element baut sich die ganze Rechtsordnung auf. Das ergibt
>> sich als notwendige Folge der Erkenntnis, daß das Recht in uns steckt,
>> eine Funktion der menschlichen Gemeinschaft ist und daher auf rein
>> psychologischen Elementen ruhen muß¹)

> genau. Daher muß ja der Versuch, Gesetze durchzudrücken, die gegen das
> Gefühlsmäßige Recht der Bevölkerung verstossen eigentlich dem Tode geweiht
> sein. Ist er aber nicht !? Warum ? 

Jellinek a.a.O.:

»Die Überzeugung von der Gültigkeit der Norm wohnt aber selbst den
unscheinbarsten gesetzgeberischen Vorschriften inne, da die
Überzeugung von der gesetzgeberischen Macht des Gesetzgebers besteht.«

Es kommt eben nicht darauf an, ob der Mensch die einzelne Rechtsnorm
für richtig hält, sondern ob er die Rechtsordnung insgesamt für gültig
hält.

> Wer bestimmt, wie gering der Kreis sein darf ? Ist eine Absolute Mehrheit
> ausreichend ?

Hier kommen wir zum Punkt, auf den es mir ankam. Wie viele Menschen
müssen von der Verbindlichkeit einer Rechtsordnung überzeugt sein,
damit sie praktisch gilt?

Natürlich kann man Rechtsnormen auf ranghöhere Rechtsnormen
zurückführen, bis man bei der sogenannten »Grundnorm« des
Rechtssystems ankommt. Die Geltung dieser Grundnorm kann innerhalb des
Rechtssystems nicht hinterfragt werden.

Ob die Gesellschaft das Rechtssystem insgesamt anerkennt, ist eben
gerade keine Rechtsfrage mehr. Niemand kann bestimmen, wie groß der
Kreis genau zu sein hat, der die Rechtsordnung für gültig halten muß.

Hauke