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FITUG ruft Politik zur Verteidigung der Grundrechte auf
- To: debate@lists.fitug.de
- Subject: FITUG ruft Politik zur Verteidigung der Grundrechte auf
- From: Thomas Roessler <roessler@does-not-exist.org>
- Date: Tue, 18 Sep 2001 21:19:39 +0200
http://www.fitug.de/news/pes/fitug-010918.en.html
http://www.fitug.de/news/pes/fitug-010918.de.html
FITUG ruft Politik zur Verteidigung der Grundrechte auf
Die terroristischen Angriffe des 11. September zielten nicht nur auf
die Vernichtung von Menschenleben: Sie galten auch den Grundwerte
unserer offenen Gesellschaften. In diesen dunklen Stunden voller
Zorn und Trauer ist die Politik aufgerufen, beides zu schützen -
Leben und Freiheit der Bürger.
Dieser Anschlag auf die Grundwerte unserer Gesellschaften kann nur
dann erfolgreich sein, wenn wir selbst ihn vollenden. Dies darf
nicht geschehen.
In der laufenden Debatte über eine Verbesserung der inneren
Sicherheit wird immer wieder vorgeschlagen, daß die Abhörfähigkeiten
der Behörden verbessert werden sollten. Aus einigen Kreisen heißt
es, daß die bisherigen Fähigkeiten der Strafverfolgungsbehörden und
Nachrichtendienste ungenügend seien, um die Kommunikation moderner
Terroristen aufzudecken und zu überwachen.
Die offene Verfügbarkeit praktisch unbrechbarer
Verschlüsselungsprodukte wird in diesem Zusammenhang als
schwerwiegendes Hindernis im Kampf gegen den Terrorismus dargestellt.
Diese Darstellung ist irreführend. Gesetzgebung, die auf ihr fußt,
würde ihr selbstgestecktes Ziel verfehlen; stattdessen würde sie
Grundwerte freier und offener Gesellschaften untergraben, wie das
Recht der Bürger auf freie und unüberwachte Kommunikation und auf
die Wahrung ihrer Privatsphäre.
Derartige Gesetzgebung würde die vielen Belege ignorieren, die
mittlerweile darauf hindeuten, daß die Nachrichtendienste eben nicht
an einem Mangel an Überwachungsmöglichkeiten kranken, sondern an
mangelhafter und vernachlässigter "human intelligence" - sowie an
einer unzureichenden Auswertung des bereits gesammelten Materials.
Selbst die ausgefeilteste Technologie zum Abhören von
Telekommunikation, die den Diensten zur Verfügung steht oder stehen
könnte, wäre nicht in der Lage, steinzeitliche Sicherheitsmaßnahmen
zu brechen, die Terroristen selbstverständlich immer zur Verfügung
stehen werden - zum Beispiel menschliche Kuriere, zum Beispiel
Treffen unter vier Augen.
Starke Kryptographie ist andererseits eine Schlüsseltechnologie für
eine sichere und verläßliche Informationsgesellschaft. Ihre Nutzung
zur Sicherung elektronischer Kommunikation zu verhindern, würde die
Verwundbarkeit unserer modernen, informationsbasierten
Gesellschaften und Ökonomien gegenüber Cyber-Terroristen und
-Kriminellen nur noch weiter steigern.
Gesetze, die die weitere Nutzung von starker Kryptographie
behindern, würden den ohnehin schon schwachen Schutzschild der
zivilisierten Welt gegen digitale Desaster durchlöchern.
Wir fordern die Politik daher auf, die Rechte der Bürger und der
Wirtschaft auf unüberwachte Kommunikation nicht einzuschränken. Es
muß auch in Zukunft möglich sein, Telekommunikation mit der besten
verfügbaren Technologie gegen Angriffe abzuschirmen.
Unsere Gesellschaften und unsere Wirtschaft brauchen diese
Technologien und ihre weitverbreitete Nutzung, um sich gegen die
digitalen Angriffe von morgen zu verteidigen.
Über FITUG
Der Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft FITUG e. V.
(FITUG) schafft Verbindungen zur virtuellen Welt der Neuen Medien
und der Datennetze. In unserer Satzung heißt es dazu: "Zwecke des
Vereins sind die Förderung der Integration der neuen Medien in die
Gesellschaft, die Aufklärung über Techniken, Risiken und Gefahren
dieser Medien, sowie die Wahrung der Menschenrechte und der
Verbraucherschutz in Computernetzen." Der FITUG e.V. ist Mitglied im
weltweiten Dachverband "Global Internet Liberty Campaign" (GILC).
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Thomas Roessler http://log.does-not-exist.org/