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Re: [FYI] Rundfunkgeb?hr ab 2005 auch f?r Computer



On Tue, Oct 16, 2001 at 12:01:24PM +0200, Helmut Springer wrote:
> On Tue 2001-10-16 (11:54), Holger Veit wrote:
> > warum soll dann nicht dieses Publikum aehnlich wie bei den
> > Privaten mit Werbung zugemuellt werden - sie wollen es eben billig
> > - waehrend der Rest der Intelligenzia durchaus fuer ein
> > verschluesseltes arte oder Phoenix einen angemessenen Betrag
> > zahlen sollte (genau wie diese als aufgeklaerte Leser ohne Zoegern
> 
> Tja, weil man damit jeglichen Bildungsauftrag oder auch nur
> Informations/Kulturversorgungsauftrag des Staates aufgibt, inkl.

Wer sagt denn, dass sich der Bildungsauftrag gerade im OeR manifestieren
muesse? Bloss weil historisch einige Pfruendegenies mal die Gelegenheit
beim Schopf ergriffen hatten? Wenn wir den Medien einen Bildungs- oder
Kulturversorgungsauftrag zuteilen wollen, dann haette ich mir historisch
durchaus eine "Bundeszeitung" vorstellen koennen, die gegen eine bestimmte
Abgabe in allen Briefkaesten landet. Es muss ja nicht unbedingt ein
Blatt vom Kaliber "Neues Deutschland" (DDR-Version) sein. Warum hat man
diese Chance nicht ergriffen?

> der Idee von Chancengleichheit?   Das Problem sehen wir wohl beide,

Der Mythos der Chancengleichheit ist ein anderes Feigenblatt, wie unzaehlige
Studien in der Vergangenheit gezeigt haben: keine der bisherigen Massnahmen
hat auch nur im Ansatz dazu gefuehrt, dass sich die Chancen der je nach
politfarblicher Sichtweise weniger Privilegierten im Vergleich verbessert
haben (Man ist da in bestimmten ideologischen Kreisen nicht bereit oder 
faehig einzugestehen, dass entgegen jeglicher abstrakter Menschenrechts-
proklamation die Mitglieder der Tierart "homo sapiens sapiens" doch ueber
individuell unterschiedliche Faehigkeiten und Fertigkeiten verfuegen).
Was man beobachtet hat, war aber eine generelle Verbesserung der
Situation der Gesamtpopulation, und inwieweit das auf lenkende Eingriffe
des Staates oder auf Wirkung "des Marktes" zurueckzufuehren ist, darueber
laesst sich endlos debattieren. Aber das nur am Rande.

> aber Deine Marktloesung richtet nicht, sie richtet nur hin.
> Durchaus im Interesse einiger Beteiligter (wer hat gerade "Italien"
> gerufen?).

Was richtet denn die Marktloesung eigentlich hin? Doch vor allem die
Phantasie der (again) First Culture, welche lediglich ihre eigenen
Bildungskanon als legitim zulaesst, und dabei ignoriert oder gar negiert, 
dass das tatsaechliche Interesse der Restbevoelkerung beileibe nicht darin
besteht, sich diesen Kanon als Kultur oder Bildung aufdraengen zu lassen,
weil sie laengst ein eigenes Modell ihres individuellen Lebens fuer
sich gefunden haben; eines, welches (leider) nicht oder nur marginal,
aus anspruchsvoller Literatur, E-Musik und avantgardistischer Kunst,
sondern aus Seifenopern, seichtem Gedudel und MTV-Clips besteht.

So be it then: "das Volk" moechte Gameshows, Tittitainment, Banalitaeten
und martialische Sportarten gegen Mitternacht. *)
Shakespeare ist nicht mehr weithin bekannt, und Romeo und Julia lassen
sich heute nur noch als Handlungsfaden in "Gute Zeiten, Schlechte Zeiten"
an den Mann oder die Frau bringen (aber bitte, bloss nicht sagen, dass der
Gedanke so uralt ist!).

Holger

*) insofern hat sich seit "Panem & Circenses" lediglich geaendert, dass
keine Loewen mehr in der Arena sind. Aber das kommt bestimmt wieder.

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