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Re: [FYI] "Mythos digitale Signatur"



Christiane Schulzki-Haddouti bei Heise:

>Vom Vorreiter zum Marketingdesaster  

Nicht ganz.  Eher: Vom Marketing-Hype zum Börsencrash, weil's keiner 
braucht (aka UMTS-Effekt).


Tatsächlich bringt der Artikel das Grundproblem nicht wirklich auf 
den Punkt: Das Geschäftsmodell, dem Kunden "die digitale Signatur" 
auf seine eigenen Kosten aufzuschwatzen, funktioniert ganz einfach 
nicht.  Er soll nämlich für teures Geld und großen Aufwand die 
Leistung einkaufen, noch etwas leichter vom Anbieter verklagt werden 
zu können.

Der Kunde merkt diesen Schwachsinn zum Glück meistens noch 
rechtzeitig und läßt es dann eben bleiben.

Schließlich kann man insbesondere in Deutschland gültige Verträge 
auch ohne Unterschrift abschließen.

(Zur zivilprozeßrechtlichen Seite der Angelegenheit siehe auch 
<http://ruessmann.jura.uni-sb.de/britz/diss/diss.htm>, 
<http://ruessmann.jura.uni-sb.de/britz/Essay/>; zur ökonomischen 
Seite siehe auch <http://www.fitug.de/debate/0006/msg00251.html>, 
<http://www.fitug.de/debate/0006/msg00260.html> - so ganz neu sind 
die ganzen Argumente ja nicht.)


Daß die meisten Anbieter ihren Kunden bisher außerdem nicht 
anbieten, ihnen "die digitale Signatur" zu *schenken*, deutet darauf 
hin, daß ein Einsatz von digitalen Signaturen noch nicht einmal für 
die Anbieter ökonomisch Sinn macht: Genauer gesagt scheinen die 
Kosten für eine flächendeckende Verteilung von 
Signaturerstellungseinheiten den Nutzen normalerweise schlicht zu 
übersteigen.

(Tatsächlich habe ich noch keinen Online-Shop benutzt, der von mir 
eine SigG-Signatur für eine Bestellung auch nur angenommen hätte - 
verlangt hat sie erst recht keiner. Die Frage, wer für die 
Signaturerstellungseinheiten zahlen soll, stellt sich dann erst gar 
nicht.)


Kurzum: Consumer-to-Business-E-Commerce erzeugt keinen Markt für 
digitale Signaturen.

-- 
Thomas Roessler                        http://log.does-not-exist.org/