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Re: Kontrollverlust
- To: debate@lists.fitug.de
- Subject: Re: Kontrollverlust
- From: M.DUECK@3LANDBOX.comlink.apc.org (Mario Dueck)
- Date: Tue, 27 Nov 2001 23:00:00 +0000
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Patrick Goltzsch meinte am 26.11.01 im Brett /ML/FITUG
zum Thema "Re: Kontrollverlust":
> Das meine ich nicht mit Asymmetrie. Wenn Du den Vergleich
> zum Fernsehen haben möchtest, stell Dir vor, dass jeder
> Zuschauer nur einen Bildpunkt sehen kann. Unter dieser
> Voraussetzung wüßtest du nicht, was Dein Nachbar sieht, noch
> gäbe es irgend jemanden, der wüßte, welcher Film läuft.
Die Wahrnehmung eines isolierten Bildpunktes auf dem Fernsehbildschirm
macht i.d.R. keinen Sinn. Der Sinn ergibt sich erst aus der
Aneinanderreihung von Bildpunkten zu einem Bild, und einer in der Zeit
wechselnden Bildfolge. Schon deshalb muss ich Dir zustimmen, dass man bei
einem Bildpunkt nicht erkennen kann, welcher Film läuft. Vielleicht macht
aber einfach nur Dein Vergleich keinen Sinn, ich kann jedenfalls keinen
entnehmen. Vermutlich liegt es daran, dass in dieser Perspektive der Blick
zu eingeengt, zu detailliert ist. Da kann man nichts mehr erkennen. Wie
wäre es, einen Schritt zurückzutreten und stattdessen die konkreten
Nutzungen zu betrachten?
Also: Nutzer A rippt 'ne CD und stellt die MP3-Dateien in einem lokalen
Verzeichnis seiner Festplatte zum Download über das P2P-Netz zur
Verfügung. Man könnte allgemeiner formulieren: er veröffentlicht Dateien
auf einem Server, d.h. er macht sie einer unbestimmten Anzahl von anderen
Nutzern zugänglich. Auf diese Dateien greifen dann andere Nutzer - Clients
- zu, vermittelt über ein flexibles Netzwerk von anderen Servern/Routern.
Worin soll eigentlich der Unterschied zu Abrufdiensten wie etwa dem WWW
bestehen? Ich nehme mal an: nur in der Flüchtigkeit der Angebote. Diese
ist beim WWW im Prinzip ja auch möglich; wenngleich man beim WWW meistens
noch das statische Modell der WWW-Seite mit einer universellen Adresse im
Kopf hat. Dennoch kann auch bei dynamischen Inhalten Öffentlichkeit
entstehen, es kommt nur darauf an, ob und wieviele Nutzer den gleichen
Inhalt rezipieren. Je kürzer die Rezeptions- (bzw. Download-) Möglichkeit
besteht, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine breite
Öffentlichkeit entsteht. Die Beschleunigungsproblematik ändert aber nichts
an der prinzipiellen Einordnung als "öffentlich".
Wenn ich das Prinzip richtig verstanden habe, gibt es übrigens auch bei
P2P-Netzen Mittler. Das Kopieren der Dateien läuft nicht über eine
Direktverbindung zwischen den Clients, sondern über Zwischenstationen,
andere P2P-Clients. Letztere sind dann aber nicht mehr nur Clients,
sondern sie nehmen zugleich die Rolle von Mittlern ein. Derjenige, der
sich also in ein P2P-Netz einklinkt, ist aufgrund der Wahrnehmung beider
Funktionen rechtlich sowohl als Inhalte- als auch als Zugangsanbieter
einzustufen. Inhalteanbieter deshalb, weil er eigene Inhalte Dritten
anbietet, und Zugangsanbieter deshalb, weil der beim Zugang zur Nutzung
anderer Inhalte zwischen Dritten vermittelt.
Ein Beharren auf der Position "das ist aber alles privat" scheint mir
nicht erfolgversprechend. Es ist genauso naiv wie die Behauptung, es
handele sich bei der Homepage um eine "private" und man habe ja nicht
wissen können, dass man da nicht urheberrechtlich geschütztes Material
anbieten darf. Die Nutzer werden u.U. schmerzhaft lernen müssen, dass auch
ihr Handeln in den privaten Räumen, d.h. die Interaktionen über den PC, in
einer öffentlichen Sphäre stattfindet und dass sich andere dadurch auch
auf die Füsse getreten fühlen.
Gruß,
Mario
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