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Re: Kontrollverlust



Patrick Goltzsch meinte am 25.11.01 im Brett /ML/FITUG
zum Thema "Re: Kontrollverlust":

> Den Boten für die Botschaft verantwortlich zu machen, ist
> gute Tradition. Darum geht's aber nur am Rande.

Es ging um die Eingriffsmöglichkeiten der Exekutive, und die beginnen nun  
mal i.d.R. sprachlich vermittelt, mit einer Drohung. Und ja, nach  
aktueller Rechtslage auch gegen den Zugangsanbieter, wenn der  
Inhalteanbieter - wie in den vorliegenden Fällen - offenbar nicht greifbar  
ist; dann rutschen wir im Par. 5 MDStV eine oder sogar zwei Treppenstufen  
nach unten.

> Das eigentliche Ziel, bestimmte Web-Seiten unzgänglich zu
> machen, wird nicht erreicht.

Ich lese in einigen Beiträgen auf der Netlaw-Mailingliste, dass der Zugang  
zu den Seiten nicht mehr möglich ist. Die Maßnahme scheint mir daher  
zumindest teilweise geeignet, den Zugriff zu verhindern. Bei diesem  
rechtlichen Kriterium der Geeignetheit kommt es nicht darauf an, ob der  
Zugriff absolut verunmöglicht wird.

[P2P]
>>> Die Wahrnehmung ist nicht öffentlich

>> Du arbeitest mit einer seltsamen Definition von
>> "Öffentlichkeit",

> Nein, Du weigerst Dich nur standhaft, zur Kenntnis zu
> nehmen, dass hier eine entscheidende Asymmetrie vorliegt.

Nein, wieso? Diese Asymmetrie hast Du doch auch beim Fernsehen:  
öffentliches Angebot einerseits, und punktuelle, "private" Rezeption, bzw.  
Empfang in den privaten Räumen, inklusive interaktiver Auswahlmöglichkeit  
per Fernbedienung andererseits. Niemand käme auf die absurde Idee, deshalb  
Fernsehsendungen als nicht-öffentlich zu bezeichnen.

>> Zum Teilangebot: Man kann auch nicht alle Fernsehkanäle
>> ansehen, trotzdem sind die jeweiligen Programme -
>> bzw. jede Sendung für sich - öffentlich zugänglich.

> Ja, und alle sehen den gleichen Film, wenn sie den gleichen
> Kanal wählen. Bei P2P sehen die Teilnehmer gerade einmal die
> Ausschnitte des Angebots, die sie absuchen.

Warum das dann dadurch plötzlich nicht-öffentlich werden soll ist nicht  
nachzuvollziehen. Auch bei massenhaft individuellem Abruf gleicher Inhalte  
entsteht Öffentlichkeit, deshalb gilt der MDStV ja auch für Abrufdienste.
Und nochmal: die Inhalte (Dateien) bleiben ja gleich, da wird nix  
gesampelt.

> Selbst wenn zwei dasselbe suchen, ist nicht gesagt, dass sie das Gleiche
> finden.

Das ist das bereits diskutierte Zeitproblem. Ich sehe das auch, aber es  
ändert nichts an der prinzipiellen Einstufung als "öffentlich", höchstens  
graduell: weniger öffentlich als Fernsehen, aber öffentlicher als Email.

> Noch mal anders: Wenn 10.000 Leute am 25.11. um 20.15h die
> ARD einschalten, wirst Du auf Nachfrage ziemlich viel
> Übereinstimmendes über das hören, was sie gesehen
> haben. Andere 10.000, die sich ab dem gleichen Zeitpunkt im
> Gnutella-Netz tummeln, werden Dir 10.000 verschiedene
> vermitteln, über das, was sie da "gesehen" haben.

Ja, z.B. den Harry-Potter-Film - sehr begehrt soll er sein. Und es ist  
immer der gleiche. Mit den Musikdateien ist es genauso.

Ich will hier gar nicht bestreiten, dass es sich bei den P2P-Netzen um  
eine individualisiertere (sic) Form der Kommunikation handelt, als das  
beim Massenmedium Fernsehen der Fall ist. Dennoch entsteht auch in der  
massenhaften Nutzung der P2P-Netze Öffentlichkeit, wenn auch deutlich  
geringeren Ausmasses als beim Fernsehen. Verstehst Du jetzt, weshalb ich  
an der Idee des Kontinuums öffentlich-privat festhalte?

>> Mal sehen, ob die Richter damit einverstanden sind

> Du bist diverse Schritte zu weit. Wann hätte sich jemand
> wegen der Anwendung von P2P vor dem Richter zu verantworten?

Ein Gutachten bekommt man beim Anwalt.
Mir ging es darum, Argumentationen zu prüfen. Die Figur des Richters  
bietet sich dabei als Referenzpunkt an, weil man ihn im Zweifelsfall  
überzeugen muss.


Gruß,
Mario
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