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Re: (Fwd) [FYI] Vierzehntes Hauptgutachten der Monopolkommission zu SWPAT



> > Auch nach der im Case Law zum EPC kommenden Auffassung ist nicht jede
> > computerimplementierte Erfindung (verflixt, ich schreibe jetzt nur
> > noch "CIE") automatisch patentfaehig - ein "technischer Beitrag" wird
> > gefordert. Dadurch ist u.a. sichergestellt, dass Erfindungen reiner
> > Organisations- und Rechenregeln nicht patentfaehig sind.
>
> "Technischer Beitrag" ist ein Synonym für "Erfindung".
> Der Beitrag zum Stand der Technik kann nicht im Rechnen
> mit abstrakten Größen bestehen.
> Das tut er aber bei den computer-implementierten Organisations- und
> Rechenregeln, welche das EPA irreführend computer-implementierte
> Erfindungen nennt.

Hier zeigt sich übrigens sehr schön der ewige Kreislauf
"Zu-Tode-Formalisierung brauchbarer Begriffe ==> Rückkehr der getöteten
Begriffe in neuem Gewand".

Die getötete "Erfindung" kommt als "technischer Beitrag" an einer
unpassenden Stelle im Prüfungsverfahren zurück, und das EPA glaubt
sogar noch, hier ein gutes Verfahren entwickelt zu haben, welches nun über
Brüssel ins Gesetz gedrückt werden soll.

> > Es geht nicht nur um sprachliche "Einkleidungen". Im
> > Verletzungsprozess zeigt sich, dass die "Einkleiung" mehr ist als nur
> > ein "Maentelchen". Alles, was man vor dem EPA in den Claim
> > reingeschrieben hat, um ein Patent durchzubekommen, muss sich im
> > Verletzungsprozess an der Verletzungsform demonstrieren lassen.
>
> Was regelmäßig gelingt und dazu führt, dass die gesamte Organisations- und
> Rechenregeln in allen ihren relevanten Anwendungen monopolisiert wird. Es
> stört den Patentinhaber ja keineswegs, dass die "technischen Effekte", mit
> denen seine Rechenregel eingekleidet wurde, längst zum standardisierten
> Stand der Technik gehörten, als das Swpat erteilt wurde.  Das stört dafür
> umso mehr den Verletzer und die Öffentlichkeit.

Auch hier zeigt sich der Kreislauf "Totformalisierung -->
Wiederauferstehung in neuem Gewand".  Denn der möglicherweise durch enge
Anspruchsformulierung umgangene Patentinhaber kann nun mit einem Konstrukt
namens "Äquivalenztheorie" seinen Bereich wieder so ausweiten, dass in
etwa das abgedeckt ist, was der von ihm offenbarten Lehre entspricht.  Der
"allgemeine Erfindungsgedanke" ist wieder da, nur diesmal in schlechterer
Form, mit einer komplizierten, begriffsschrottverdächtigen Theorie.  Vor
allem Patentinhaber wissen sich im Zweifelsfall immer mit solchen Theorien
zu helfen, und die Patentrechtsprechung ist eher auf ihrer Seite.

Recht aufschlussreich war hier die Erklärung des Supreme Court zum Fall
Festo:  "Die Anspruchssprache ist unvollkommen" o.ä. stand da wörtlich zu
lesen.  Diesmal ging es darum, einen Patentinhaber vor unangenehmen Folgen
der Unvollkommenheit sekundärer rechtssprachlicher Konstrukte zu schützen.
Es wäre schön, wenn sich die Patentjustiz nicht nur in solchen Fällen an
die Grundweisheit der Unvollkommenheit ihrer sprachlichen Konstrukte
erinnern würde.

-- 
Hartmut Pilch, FFII e.V. und Eurolinux-Allianz            +49-89-12789608
Innovation vs Patentinflation                       http://swpat.ffii.org/
120000 Stimmen 400 Firmen gegen Logikpatente    http://www.noepatents.org/


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