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Re: SpOn: Kopierschutz darf nicht umgangen werden



On Thu, Apr 17, 2003 at 09:36:37AM +0200, Neko (Simone Demmel) wrote:
> Hi,
> 
> Thomas Stadler (ts@cplus.de) - Tue, Apr 15, 2003 at 12:53:14PM +0200:
> > Die Musikindustrie moechte die vollstaendige Streichung von § 53 UrhG. Nur 
> > weil man das momentan nicht durchsetzen konnte, heisst das nicht, dass die 
> > Forderung aufgegeben wird.
> 
> Ich seh uns schon eine 2Klassen-CD-Gesellschaft im Laden entgegenrollen
> - die, die von der Musikindustrie auf kopiermichnicht gehalten werden
> und die, die mit *dieser* Industrie nichts zu tun haben wollen und mit
> einem ausdruecklichen Ok auf Privatkopie etc.. angeboten werden.

Die haben wir doch laengst: das Gros der Gierigen, welche auf einen
Abspielschutz setzen und die kleine Riege der "unabhaengigen" Labels,
die drauf verzichten, bzw. die "Nice-Price"-Zweitverwerter.

Ueber kurz oder lang vermute ich eher, dass das CD-Format aber abgeloest
wird - es ist durch die Moeglichkeit des Kopierens verbrannt - gegen 
ein noch unbekanntes Zeug, welches massivst gegen Abspielen geschuetzt
ist. Der Uebergang von Vinylscheiben zu CDs fand erstaunlicherweise 
ueberraschend schnell binnen weniger Jahre statt. Es fehlt zu einem
Systemwechsel eines von zwei Ereignissen:
- es muesste wie beim Uebergang Platte->CD einen echten Mehrwert geben 
  (Groesse, Qualitaet); das ist inzwischen eher unwahrscheinlich; man 
  kann zwar vielleicht billig auf einer Art Memorystick speichern; das
  wird dann kleiner und kommt ohne bewegliche Teile aus; die heutigen
  MP3-Player sind ein Vorgeschmack.
- es muss Druck der Nutzniesser eines neuen Systems dahinter stecken
  (dies muessen nicht notwendigerweise die Kaeufer sein). Von Seiten der
  Content-Provider, die jetzt noch CDs pressen lassen, ist ein Switch
  auf ein neues System am ehesten machbar, wenn sie sich einig werden
  sollten (dazu muss der "Leidensdruck" durch P2P-Netze noch hoeher
  werden, um sowas durchdruecken zu koennen). Es bedarf eigentlich nur eines
  einzigen Geraeteherstellers - die anderen werden wie bei DVDs schleunigst
  auf den Zug aufspringen, wenn er erstmal in Fahrt kommt[1]. Die Dynamik
  dessen ist allerdings schwer vorhersehbar: wie bei VHS vs. DVD gibt es
  eine Uebergangsphase, wo beide Medien nebeneinander im Laden stehen. Die
  grossen Handelsketten bauen allerdings die VHS-Abteilungen inzwischen
  rapide ab (gerade aufgrund des Verpackungsformats; dasselbe ist inzwischen
  bei PC-Spielen zu beobachten, wo das DVD-Packungsformat sich mehr und mehr
  gegenueber den alten aufwendigen Pappkartons durchsetzt; die Anleitung liegt
  dann nur mehr als PDF-File auf der Scheibe: Kostenreduktion). Folglich
  werden die Handelsketten auch ein noch kompakteres Format unterstuetzen.
  Was vermieden werden muss, ist ein Kompatibilitaets-Wirrwarr wie bei 
  der DVD.

Wie mag die Kundschaft reagieren? Derzeit gibt es diverse Kundenkreise:
- die "Alten", die noch mit dem Plattenspieler aufgewachsen sind -
  Typus Elvis bis 70er-Konzeptalben - fuer Kopierschutz und Systemwechsel
  verbrannt, allerdings auch weniger eine P2P-Gefahr. Haben genug Geld,
  aber kein Interesse an Kueblboecken voller Ramsch.
- die Jugend, welche ihr Taschengeld derzeit eher in Klamotten und hippe
  Handy-Klingeltoene ausgeben, allerdings auch den Chartkram konsumieren, 
  wenn sie entsprechend umworben werden. Gib ihnen Britney Spitts oder
  Shockira, und sie kaufen die Musik auch auf bedruckten Klorollen und
  dazugehoerigen Playern; Hauptsache neu. Problem der zwar ueppigen, dennoch
  begrenzten Taschengeldresource: es wird kopiert, bis der CD-R-Laser
  glueht, und gesaugt, bis die DSL-Leitung durch Kalkablagerung undurchlaessig
  wird. Strategie Drogendealerprinzip: die kaufen schon ein neues Format,
  wenn es ihnen Mehrwert verspricht (klein, billig, modisch) - irgendwann
  kippt man dann aber ein bereits zu Beginn vorgesehenes Antikopierbit um,
  und hat sie gefangen. Es war der prinzipielle Konzeptfehler von CDDA, eine
  Entwicklung von CD-R nicht vorauszusehen; bei DVD hat man zumindest versucht,
  mit CSS etwas derartiges zu etablieren. Ich gehe davon aus, dass der naechste
  Versuch, dank heutiger Chiptechnologie, erfolgreicher sein wird.
- die mittlere Generation (20-30). Ich tendierte anfangs dazu, sie zu den
  Alten zuzuschlagen, jedoch ist sie das Bindeglied: erste Partnerschaft,
  Kinder (die zukuenftigen Konsumenten, die mit Taschengeld versorgt werden
  muss). Durchaus an heutigem Pop noch interessiert; wenn sie nicht gerade
  ihr neugebautes Haus abbezahlen muessen, durchaus solvent genug, sich
  neben Cabrio auch noch eine kopierverkrueppelte Groenemeyer-Platte zu
  leisten (die dann im CD-Player des Schlittens nicht laeuft). Werden die
  es aber tun? Denn andererseits ist es wohl die Gruppe, die unmittelbar 
  am meisten "bedroht" ist durch die neue Umverteilungspolitik (bis die 
  Kids im entsprechenden Alter sind, sind die Sozialsysteme laengst 
  umgestaltet oder entgueltig zerbrochen). 

  Ich bin da ambivalent; es ist ein Unsicherheitsfaktor: noch unter
  dem Konsumdruck der Zielgruppe Jugend, teils aber bereits konservativ 
  wie "die Alten", wenn sie gelernt haben, dass zwar Euros zwei Seiten 
  haben, aber nur einmal ausgebbar sind. Leider auch schon zu erfahren, 
  um noch auf "Copy kills Music" und "Internet"= "Kinderficker-Biotop"-Parolen
  reinzufallen. Ich denke, dass die jetzigen Rechtsverdrehungen vor allem
  diese Gruppe im Zaum halten sollen, solange DRM nicht durchgehend vom
  Mikrophon bis zum Lautsprecher etabliert ist. Diese Generation ist
  statusmaessig am meisten bedroht durch ein Durchgreifen der MI gegen 
  P2P-Raubkopierer - das kostet dann wirkliches Geld, welches in Familie
  oder Cabrio gesteckt werden sollte, selbst wenn die "Taeter" nur die 
  eigenen Kinder am Heim-PC sind. Dieselben Kinder werden dann spaeter schon
  hinreichend Druck ausueben, um dann die neuen DRM-Geraete zu bekommen,
  wenn diese auf den Markt gepusht werden.

Die Zeit spielt hier fuer das Schliessen der Kopierluecke.

Hol - pessimistisch (aber ich bin eher ein "Alter") - ger

[1] Gegenargument: Sony-MD bzw. DAT; bei beiden haben die Hersteller auf
  zu ihrer Zeit hochpreisige Geraete und Medien gesetzt - die Zielgruppe
  waren in der Vor-CD_R-Zeit eher die Hifi-Freaks, die man allerdings, der
  Zeit voraus, mit Copy-Protection-Bits nachhaltig abgeschreckt hat.


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