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Re: [FYI] SZ: Ein Staat mit tausend Augen



On Sat, 3 Jan 2004 11:10:12 +1100 (EST)
Peter Ross <Peter.Ross@alumni.tu-berlin.de> sed

> Hi Lutz,
> 
> On Fri, 2 Jan 2004, Lutz Donnerhacke wrote:
> 
> > * Hartmut Pilch wrote:
> > > Es geht hier um Überwachung öffentlicher Plätze, nicht um
> > > den Supergroßen Lauschangriff oder dergleichen.
> > >
> > > Wenn man das nicht mal trennen kann, ist keine Diskussion
> > > möglich.
> >
> > Man kann es nicht trennen. Lerne von Thüringen.
> 
> Kann ich gerade nicht, weil mir Dein Hintergrundwissen fehlt..

Ich denke mal, dass Du die "Thüringen-Aufklärung" mittlerweile
bekommen hast?

Ich schließe mich den sonstigen Ausführungen an.
Sofern es nicht nur darum geht "einige saubere Flecke" zu
bekommen, macht Überwachung im Sinne von Prävention in Bezug auf
Straftaten nur dann Sinn, wenn sie systematisch bis zur
Komplettüberwachung ausgedehnt wird. Alles andere ist reine
Verdrängungstaktik.

Gleiches gilt imho für die Verkehrsüberwachung, die man ja gerade
in Thüringen "rein versehentlich" getestet hat (und bei der die
Löschung von unrechtmäßig erfassten Daten mittlerweile schon eine
Jubelmeldung wert ist!). Welchen Sinn macht es,
Verkehrsknotenpunkte zu überwachen und dort schnell mal "alle
Kennzeichen abzugreifen"? Dann weichen die "flüchtigen
Unterhaltspflichtigen" oder die "Autodiebe" aus.
Fazit nach einiger Zeit: "Die Methode hat sich als erfolgreich
erwiesen, leider wissen die "Verbrecher" sich zu entziehen, daher
sollte die Methode nun auch auf Straße xyz angewandt werden."
Das ist altbekannte Salami- bzw. Gewöhnungstaktik, immer mit der
Argumentation "ist ja nur gegen die Verbrecher gerichtet"

Mit der gleichen Begründung kann man mir auch meinen
Sicherheitsbeamten an die Hand geben - der wird auch abends kein
Protokoll anfertigen, wenn ich nichts getan habe, versprochen.



Was bei dem Ganzen für mich hinzukommt (IIRC habe ich dies schon
mal geschrieben): solche Maßnahmen fußen für mich auf Vertrauen
(da kann man dann auch Parallelen zu TCPA ziehen).
Würden die vergangenen Jahre Anlass dazu geben, Vertrauen in die
Verantwortlichen zu haben, wäre mir zwar etwas flau im Magen, ich
würde ihnen aber vielleicht "einen Vertrauensvorschuss" geben.
Wenn ich aber sehe, wie mit Daten hantiert wird, wie viel
"gemauschelt" und (meiner Meinung nach) schlichtweg gelogen wird
wie in Thüringen, dann ist das nicht dazu geeignet, Vertrauen
aufzubauen. Warum sollte ich jemandem glauben, der mir sagt "es
werden natürlich nur kurz die Kennzeichen gescannt und nichts
gespeichert, was nicht relevant ist", wenn dieser jemand
a) eine Videoüberwachung beginnt (Goetheplatz), ohne die
Datenschutzbeauftragte genügeng zu informieren, dann etwas von
"Masken" redet, die über die Kamerabilder gelegt werden damit die
überwachten Lokalredaktionen von Zeitungen bzw. die Ärztepraxen
nicht im Bild sind (sehr sinnig... 10.00 Uhr: Person verschwindet
in der 3-Meter-Zone vor der Lokalredaktion, 10.05 Uhr Person
verlässt die 3-Meter-Zone... Preisfrage: wo war die Person in den
5 Minuten?)

b) eine Verkehrsüberwachung beginnt (Rennsteigtunnel), dann davon
redet, dass noch gar kein Betrieb begonnen hat, dann feststellt
"hups, es gab einen Testbetrieb, davon wusste ich ja gar nichts"
und davon redet, dass er halt, was den Betrieb im
Innenministerium angeht, etwas "flusig" (=flüchtig) ist?

Für mich wäre die passende Reihenfolge:
a) Maßnahme überlegen
b) Maßnahme mit Datenschutzbeauftragter abklären
c) wenn Bedenken bestehen, prüfen lassen
d) falls Maßnahme rechtlich nicht möglich - Maßnahme vergessen

Momentan ist es wohl eher (provokant gesprochen):
a) Maßnahme überlegen
b) Maßnahme beginnen
c) sich ärgern, wenn es auffällt und versuchen, möglichst elegant
sich aus der Affäre zu ziehen.

Und solchen Leuten soll ich noch mehr Befugnisse ermöglichen?
Sorry, aber wenn jemand zweimal in mein Haus einbricht, gebe ich
ihm keinen Haustürschlüssel.

Twister

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