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Re: FITUG: Meinungsfreiheit braucht Linkfreiheit



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- -- Thomas Hühn <huehn-ml@arcor.de> wrote:

>> ... wenn eine Horde Nazis während dieses Fußballspieles NS-Propaganda
>> verteilend Ausländer verprügelten: warum sollte man dann nicht aus dem
>> zitieren dürfen, was die Nazis verteilten?
> 
> In diesem Fall würde ich aber ohne zu zögern die Strafbarkeit bejahen. Das
> Zitieren wäre da nämlich komplett überflüssig. Sofern man über die
> Körperverletzungen berichten will jedenfalls.

wer über ein solches Ereignis berichtet, berichtet in der Regel umfassend und
nicht nur einen Teil. Die Parolen die unsere hier zum Glück fiktiven Nazis
schreien während sie Ausländer verprügeln gehören ebenso dazu wie die
Flugblätter, die sie währenddessen verteilen.

Ich kann unter einem Zeitungsbericht der in etwa so klingt:

  "Die Nazis johlten 'ausländer raus' und verteilten Flugblätter, 
   auf denen Türken, Juden und Afrikaner als 'Untermenschen' 
   bezeichnet werden. Das Pamphlet schließt mit der Forderung:
  'Es wird Zeit, dass endlich wieder ein Führer mit diesem Pack 
   aufräumt'. Die Spieler des 1. FC Hutzelhausen zeigten sich 
   angesichts dieser Fremdenfeindlichkeit bestürzt: 'Solche
   Fans will ich nicht', so Stürmer Hansi Hutzelwicht."

... keine Strafbarkeit entdecken. Aber vielleicht siehst Du das ja anders. 


Dann müsstest Du aber auch die Süddeutsche Zeitung als Straftäter ansehen:

  "Witze Über die 'Js' kenne er ein paar, grinst Michele 
   plötzlich und legt los. Da stehe ein vierjähriges 
   Mädchen am Schornstein und werde gefragt, worauf es 
   warte. Die Antwort: 'Auf Mama und Papa.'"

   Klaus Ott in der Süddeutschen Zeitung / Online-Ausgabe:
   <http://www.sueddeutsche.de/panorama/artikel/135/41094/>


Wobei ich dem hinzufügen möchte:

  "Dadurch wurde nun also unser ach so unschuldiges Land 
   mit etwas konfrontiert, was in deutschen Kneipen, auf 
   Fußballplätzen oder Schulhöfen fast täglich geschieht: 
   Das Erzählen von menschenfeindlichen Witzen, deren Opfer 
   Juden, Schwarze, Türken und Frauen sind. Und davor 
   schützt uns übrigens kein noch so wacher Redakteur. 
   Nein, das müssen wir dann schon selber tun."

   Ernst Corinth in Telepolis:
   <http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/glosse/18560/1.html>


Ist es nicht heuchlerisch, erst eine Horde Deppen in einen Käfig zu stecken
und sich dann zu beschweren, wenn sich diese dann auch wie Deppen benehmen?


Und ja: in diesen Fällen (der fiktive und der tatsächliche Zeitungsbericht)
setze ich mich für die Meinungs- und Publikationsfreiheit ein. Ich möchte
nicht in einem Staat leben, in dem man das nicht schreiben darf.

Ob die "Witze" des Witzeerzählers den Straftatbestand der Volksverhetzung
erfüllen wage ich nicht zu beurteilen (auch aufgrun der Tatsache, dass ich
nicht mehr weiß als in obigem Bericht steht), und das ist hier jetzt auch
nicht das Thema -- darüber könnten wir sicherlich auch nochmals ellenlange
Diskussionen führen.


Um zu unserem Thema zurückzukehren: bezeichnend finde ich, dass die SZ
*keinen* Link zu dem Online-Forum, aus dem zitiert, setzt. Hypertext lebt von
Links. Wenn aber jeder Angst hat einen Leser zu verlieren oder zu einer
Webseite zu linken, die er nicht unter Kontrolle hat -- dann ist dies ein
weiterer Schritt zur Aufweichung des Webs als weltweiten Kulturraum.


Ciao
  Alvar

- -- 
** Alvar C.H. Freude 
** http://alvar.a-blast.org/
** http://odem.org/
** http://www.assoziations-blaster.de/
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