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Re: Wiki und Copyright - dringende Frage



Lieber Herr von Boehn,

am 15.12.2004 12:57 Uhr schrieb Gunnar von Boehn unter
gunnar@greyhound-data.com:

> Ich habe gehofft, dass das Forum mir Hinweise zur generellen Rechtslage
> geben kann.
> 
> Ob man als Wiki-betreiber schadensersatzpflichtig ist wenn jemand hier
> copyrighted Material hochlaedt.
> Oder ob wann als Forumbetreiber fuer upgeloaded Avater haftet.

Schauen Sie doch mal in die nachfolgend inhaltlich wiedergegebenen FAQs des
von mir sehr geschätzten Kollegen Dr. Bahr.

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TDG § 11 Speicherung von Informationen

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer
speichern, nicht verantwortlich, sofern
1.  sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information
    haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine
    Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige
    Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder
2.  sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen
    oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt
    haben.
Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Nutzer dem Diensteanbieter
untersteht oder von ihm beaufsichtigt wird.

http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/tdg/__11.html

"Haftung für fremde Inhalte:

Keine Verantwortlichkeit für fremde Informationen, die für einen Nutzer
gespeichert werden, sofern keine Kenntnis von rechtswidrigen
Handlungen/Inhalten oder keine Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit.
Unverzügliches Tätigwerden, sobald Kenntnis vorliegt."

Quelle:
http://www.dr-bahr.com/faq/faq_rechtderneuenmedien.php#RechtderNeuenMedien_i
d8

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"e) Mitstörerhaftung bei Foren und Gästebüchern:

Es gibt zu diesem Problem nur vereinzelte Urteile.  So lehnt das LG Köln
(Urt. v. 04.12.2002 ­ Az.: 28 O 627/02)

http://www.jurpc.de/rechtspr/20030140.htm

eine Haftung vor Kenntnis grundsätzlich ab. Das LG Trier (Urt. v. 16.05.2001
­ Az.: 4 O 106/00) 

http://www.jurpc.de/rechtspr/20020206.htm

und das LG Düsseldorf (Urt. v. 14.08.2002 ­ Az.: 2a O 312/01)

http://www.justiz.nrw.de/RB/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2002/2a_O_3
12_01urteil20020814.html

bejahen zwar eine Haftung, aber nur dann, wenn ein Webseiten-Betreiber
seiner Kontrollpflicht nicht nachkommt. Das LG Trier geht dabei von einem
erlaubten Prüfungszeitraum von 1 Woche aus, das LG Düsseldorf sogar von
einigen Monaten. 

Die Urteile betreffen aber (alle) das alte Teledienstegesetz, das zum
21.12.2001 reformiert wurde. Insofern ist hier abzuwarten, ob sich etwas
geändert hat. 

Nach der jetzigen Rechtslage dürften die Inhalte in Gästebüchern und Foren
als fremde Inhalte zu werten sein. Demnach tritt eine Haftung frühestens bei
Kenntnis ein (§ 11 TDG).

http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/tdg/__11.html

Nach einem aktuellen Grundlagen-Urteil des BGH (Urt. v. 11. März 2004 - I ZR
304/01)  

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht
=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=30242&pos=20&anz=623

gilt diese Haftungsprivilegierung aber nicht für den verschuldenslosen
Anspruch auf Unterlassung. Hier gilt das TDG nicht, sondern die allgemeinen
BGB-Regeln greifen. Eine Haftung tritt danach dann ein, wenn dem Betreiber
es möglich war, das Posting oder den Eintrag zu löschen, um so die
Rechtsverletzung zu beseitigen.

Eine solche Löschpflicht ist natürlich nur im Rahmen des Zumutbaren möglich.
Es kann von den Betreibern, Moderatoren usw. nichts Unmögliches verlangt
werden. So weist der BGH in o.g. Entscheidung ausdrücklich darauf hin, dass
es einem Online-Auktionshaus (es ging um eBay in dem Fall) nicht zuzumuten
ist, jedes Angebot, das in einem automatischen Verfahren unmittelbar online
gestellt wird, darauf zu überprüfen, ob Schutzrechte Dritter verletzt
werden. 

Ähnliches dürfte (eingeschränkt) auch für ein Forum oder Gästebuch
anzuwenden sein. Hier wird darauf abzustellen sein, wieviele Einträge in
einem Forum täglich neu hinzukommen. Reden wir von 1-2 dürfte die Spanne, in
der der Forums-Betreiber das Posting überprüfen darf, geringer zu bemessen
sein, als wenn er täglich mehrere 100 Postings kontrollieren muss. Insofern
ist dies eine Frage des Einzelfalls.

Demnach haften weder Betreiber noch Moderator grundsätzlich für die Einträge
von Dritten. Erst ab Kenntnis bzw. nach dem Verstreichen einer angemessenen
Überprüfungspflicht wird eine Haftung zu bejahen sein."

Quelle:
http://www.dr-bahr.com/faq/faq_rechtderneuenmedien.php#RechtderNeuenMedien_i
d10

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Mit freundlichen Grüßen

MICHAEL SEIDLITZ
RECHTSANWALT
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         Rechtsanwaltskanzlei Michael Seidlitz
    Badensche Straße 5 in D-10825 Berlin-Schöneberg
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