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Hallo Lutz Donnerhacke,
hier Dein von mir gekuerzter Text. 
Ich bin jetzt bei 110 Zeilen, und muss noch 5 bis 6 Zeilen kuerzen. Vielleicht
kannst Du ja Vorschlaege machen?

Ich habe stilistisch den Text zu redigiert.Bei den Kuerzungen musste vor allem
Deine ausfuehrliche Definition der Dienste dran glauben (Ich hab die soweit es
ging in den Text eingearbeitet). Das ist aber nicht so schlimm, weil ich diese
in meinem Haupttext auch erwaehne und hier passen sie auch besser hin, als in
eine Meinungsspalte.  
Ich habe mich bemueht die Intention Deines Textes zu wahren. Ich hoffe das ist
mir gelungen. 
Eine Schwierigkeit war: Du arbeitest viel mit Ironie. Ich hoffe ich habe Sie
richtig erkannt? Auf jeden Fall gibt es einen Grundsatz bei Journalismus: Ironie
wird nicht verstanden vom Leser, wenn man es nicht ausdruecklich sagt. Nun ja,
schau mal was rausgekommen ist. 

Und: Wenn das nachfolgende Ergebnis so voellig falsch liegt zu dem was Du
meinst: nicht boese sein. Dann muessen wir nochmal von vorne anfangen.

Gruss
Peter Diesler
(089-74642-196 /-141)

EILIGSTE RUECKSENDUNG/Rueckmeldung erbeten!!!!!


CHIP
Ausgabe: 	 10/ 96
Rubrik: 	Magazin
Stichwort: 	compsuch
Nummer:	33
Bearbeiter: 	pd
Datum: 	09.08.96


Gibt es Internetsucht?
Die Frage, ob es suchtahnliche Ab-hangigkeiten bei der Internetnutzung gibt, ist
ein aufgebauschtes Thema der Saure-Gurken-Zeit. Bevor man die Frage auf-wirft,
ob Menschen vom Internet uber-haupt abhangig" werden konnen, sollte man fragen
was unter Abhangigkeit" uberhaupt zu verstehen ist. Und zweitens sollte man
zwischen den verschiedenen Internet-Diensten sorgfaltig unterschei-den: 
Da gibt es zum einen die unidirektio-nalen Dienste: Das ist der klassische
Rundfunkdienst, wie er vom Fernsehen oder Radio bekannt ist. Ein Sender und
viele Empfanger. Hier hort man immer wieder das Schlagwort "Fernsehsucht". Das
gab es schon fruher: Als sich um 1900 die Trivialliteratur verbreitete
gras-sierte die vielgefurchtete "Lesesucht", die heute keiner mehr ernst nimmt.
Unidi-rektionale Dienste im Internet sind Nach-richtenticker oder
Wetterinformationen. Radio oder Fernsehen uber Internet ist qualitativ so
schlecht, das jeder normale Mensch lieber die dafur geeigneteren Medien wahlen
wird, als ausgerechnet hier einer Sucht anheimzufallen..
Bei den bidirektionalen Diensten kann der Kunde ueber einen schmalbandigen
Ruckkanal den Verlauf des Angebotes verandern. Das klassisches Beispiel ist hier
FTP und das WWW. Trotz ihrer un-fasbaren Gesamtdatenmenge ist hier die Vielfalt
und Qualitat der Informationen fur einen Einzelnen oft so gering, das nach der
ersten Neugier spatestens nach 3 Monaten das Interesse erlahmt. Danach werden
die Dienste nur noch zur Be-kampfung von Langeweile oder aus einer auseren
Notwendigkeit heraus genutzt. Die vermeintlichen Suchtphanomene korrelieren mit
dem Ausmase von Lan-geweile in bundesdeutschen Buros. 
Drittens: Bei den polydirektionalen Diensten konnen die Teilnehmer
unter-einander gleichberechtigt kommunizie-ren. Hierzu gehoren sogenannte
Phanta-siewelten (Multi UserDungedons),  die Diskussionsgruppen (Usenet) oder
der Smalltalk via nternet Relay Chat oder  "CB-Funk". 
Tatsachlich finden wir hier oft Men-schen, die mit der Kommunikation in der
Realitat Probleme haben (stottern, blind, aengstlich, schuechtern, haslich,
....). Wenn diese exessiv ihren angeborenen Kommunikationsbedurfnissen in
Daten-netzen nachgehen, dann ist das nichts an-ders als die Sucht nach
Gesellschaft"? Auf die Droge" Kommunikation sind Menschen genauso angewiesen
sind, wie auf Essen und Trinken. 
Dann gibt es die Behauptung, das Menschen ihre Isolation in der Realwelt mit
Hilfe des Netzes vertiefen. Stimmt das eigentlich? Bei den halbjahrlichen
Deutschlandtreffen verschiedener User-Gruppen beobachte ich immer wieder ei-nen
erstaunlichen Effekt: Plotzlich kom-men in der Realitat kontaktscheue Men-schen
zusammen, die ihre Qualitaten be-reits kennen und nun uber korperliche Gebrechen
oder Animositaten leicht hin-wegsehen konnen. 
Wirklich gefahrdet sind die so ge-nannten net.gods, die Netzgotter". Diese
Administratoren des Internet sind die ausgesiebten Workaholics des Netzes. Sie
sind gefahrdet, weil sie sich fur uner-setzlich haleten und sich standig nur
noch mehr Arbeit aufladen. Ihre Manager-krankheit besteht darin, das sie sich
be-muhen, die gesellschaftliche Integration des Netzes auf die Reihe zu kriegen.
Stundenlang, vernachlassigen sie ihre ei-gentlichen Aufgaben, um mit Politiker
zu diskutieren, beispielsweise um Zensurge-setze gegen das Internet zu
entscharfen. Soziales Engagement als Suchtphano-men. In der Regel merken diese
Men-schen jedoch beim ersten Zusammen-bruch, das sie keine Lucke in das Netz
reisen, und kommen dann sehr schnell auf den Boden der Realitat zuruck. Ihre
psychische Gefahrdung kuriert sich beim ersten Urlaub von allein aus.
Das Netz ist lediglich ein Spiegel der Gesellschaft. Es schafft uberhaupt keine
neuen Suchtursachen. Mag sein, das wer im realen Leben suchtig ist, hier neue
Spielraume entdecken kann, um seine Sucht zeitweise auszuleben. Arm werden kann
man durch ubermasgen Internetge-brauch allerdings nicht. Ein echter Such-tiger
weis immer, wo er den billigsten Provider finden kann. Mein Fazit: Echte
psychische Suchtgefahren sind herbeige-redet. Das Netz spiegelt lediglich die
Realitat wieder.
Lutz.Donnerhacke@Jena.Thur.De
 



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