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[These] par.5 TDG abs.4 verfassungswidrig ?



Hallo Leute,

ich habe nochmal ueber @ 5 IV TelediensteG (IuKDG) nachgedacht.
Es geht letztlich um die Verpflichtung der Provider, rechtswidrige 
Inhalte zu sperren.
Eine Diskussion bei der AUI, an der ich rege beteiligt war, hat nun 
folgendes Problem aufgeworfen:
Der Provider selbst muss ueber die strafrechtliche Relevanz 
einer Information entscheiden, wenn er seine Haftung ausschliessen 
will. Die Auslegung wird nicht einmal einem Richter ueberlassen.

Damit wird eine fuer die Informationsfreiheit im Sinne von 
Art. 5 I Satz 2 und 3 GG tödliche Dynamik geschaffen:
Um auf jeden Fall seine Haftung auszuschliessen, wird der 
Provider (Webspace und Zugang) jedenfalls jede wie auch
immer zweifelhafte Information runterschmeissen und damit 
einen politischen Diskurs im Keim ersticken.
Dies wird trotz Globalisierung erreicht, wenn es einmal moeglich
werden sollte, Inhalte zu sperren.

Ich bin daher der Meinung (bleibt noch nachzuprüfen, es ist 
22H30), dass jeder Versuch einer Sperrung einerseits gegen 
Art. 5 I 1 GG und gegen Art. 5 I 3 GG verstoesst. (Informations-
freiheit und Zensurverbot).

zu Art. 5 I 1 GG, Information aus allgemein zugänglichen Quellen:
Wird die Information nur in Deutschland gesperrt, dann bleibt 
sie laut BVerfG immer noch allgemein zugänglich, da sie auch 
im Ausland frei zugänglich bleibt. Hier ist ein Einfallstor für 
das amerikanische Mass an Informationsfreiheit aus dem First 
Amendment, da in den USA aufgelegte Information frei 
zugänglich ist. Man hat also nur die Möglichkeit, den 
betreffenden Content-Provider zur Persona non-grata zu 
erklären. Dagegen ist die staatlich verordnete Sperrung dieser
Inhalte mit dem Geist des Art. 5 I 1 GG nicht vereinbar.

zu Art. 5 I 3 GG. Vorab bleibt festzustellen, dass es in jedem Fall
um Vorzensur gehen muss. Alles andere ist nicht geschützt. 
Die Frage ist nur, ob nicht @ 5 IV TDG eine solche Vorzensur 
durch private Provider vorsieht. 
Eine Sperrung erfolgt je nach request des Users. Danach erhält
die Maschine des Providers die Anfrage des Users nach einer 
bestimmten (allgemein zugänglichen) Information. Der 
Blockiermechanismus, wie ich ihn verstanden habe, überprüft 
nun die Anfrage, und läßt nur solche Informationen durch, 
die nicht im Filter eingetragen werden. Dies können auch IP-
Adressen sein. Damit schafft der Provider eine Institution, die 
eine Information nur nach vorheriger Prüfung an die Öffentlichkeit
weiterleitet, mithin wird eine Institution der Zensur erschaffen, 
die anhand von Menschenhand formulierter Kriterien automatisch
die Informationen auswählt, die der Bürger noch sehen darf und 
solche Informationen blockiert, die den Kriterien entsprechen. 

Dies wiederum ist eine Vorzensur, weil die Information, ähnlich
wie bei einer Pressezensur, erst der Institution vorgelegt werden, 
die über Verteilung oder Nicht-Verteilung entscheidet, wenn 
auch automatisch.....

Dies gilt insbesondere für alle Singapur - Proxy - Systeme, die
durch @ 5 IV TDG geradezu provoziert werden.

Die Gefahr an dieser These ist natürlich, dass man in die Nähe der
Presse und damit der Verleger-Verantwortlichkeit gerückt werden
kann. 
Allerdings ist es so, dass das Internet ein neuer Nachrichtenkanal
mit eigenen Gesetzmässigkeiten ist. Normalerweise könnte man 
nun sagen, die Meinungsfreiheit gibt keinen Anspruch auf die 
Nutzung eines bestimmten Nachrichtenkanals, aber hier ist es 
kein Anspruch auf den Nachrichtenkanal als Kanal für die 
Meinungsfreiheit (im Sinne von push), der in Frage steht, 
sondern die Rezipientenfreiheit, eine Information zur Kenntnis 
zu nehmen.

Da Art. 1 @ 5 IV IuKDG eine solche Zensur denknotwendig 
voraussetzt, wenn er eine Sperrung verlangt, dann verstösst 
er damit gegen das Zensurverbot und die Rezipientenfreiheit.

Wie waere es daraus eine PE zum IuKDG zu machen ?
Waere der CCC interessiert ?

Rigo