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Re: Artikel: Gefangen im Internet



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> Nochmal im Klartext: Lokale Probleme existieren im Internet nicht. Erst
> wenn internationale Interessen kollidieren entstehen Probleme. Das EINZIGE
> mir bekannte Gegenbeispiel ist Scientology<--->anon.penet.fi: das hätte
> wahrscheinlich innerhalb eines (beliebigen) Landes ebenso stattfinden
> können, und darum ist demokratische Kontrolle so wichtig: Was passiert,
> wenn die Staatsgewalt aus irgendeinem Grund unverantwortlich handelt?

Anonymitaet schafft wohl auch lokal Probleme.  Nicht nur solche, die
niemandem ausser ein paar konservativen Politikern/Juristen Kopfzerbrechen
bereiten.  Oder ist es immer moeglich, die Urheber von Infomuell (Spammer) 
zu identifizieren?  Wie war das mit Rob Liebwein?
 
> >Zumindest muesste gefordert werden, dass das ganze gesetzmaessig und
> >transparent geschieht.  Wenn bestimmte Filtermechanismen gefordert werden,
> >muessen Sie auf freier, durch oeffentliche Ausschreibung
> >finanzierter Software (GNU) beruhen und ihr Einsatz muss genau
> >dokumentiert und legitimiert werden.  Die Kosten truege die oeffentliche
> >Hand.  Abwaelzen gilt nicht.
> 
> Das kommt der Sache schon näher. Ich unterstütze die Forderung nach
> Legitimierung und Dokumentation. Allerdings bin ich mir relativ sicher,
> dass das noch nicht ausreichend ist. Das Ganze an GNU zu binden halte ich
> für überzogen 

ich meinte GPL oder andere Lizenzen, die das ganze der Oeffentlichkeit
voll verfuegbar machen.
  
> "Abwälzen gilt nicht" ist ok, und wer zahlt, bestimmt,
> welche Technik eingesetzt wird. (Im Gegensatz zur heutigen Praxis: Der
> Provider bezahlt, und später entscheidet ein Richter, ob seine
> Anstrengungen ausreichend waren.) Allerdings sollte die demokratische
> Kontrolle durch eine externe, öffentliche Überprüfung gegeben sein - anders
> als die heutige Abhörpraxis in Deutschland.

Genau darauf kommt es eigentlich an, finde ich.
Freiheit nuetzt wenig, wenn sie nur Firmen dient, die sie sowieso
gleich wieder der Oeffentlichkeit entziehen.

> Die Angelegenheit ist deswegen schwierig, weil die meisten ISP's mehrere
> Rollen (angeblich bis zu neun verschiedene bei einer IP-Connection - mal
> sehen, ob ich sie alle hinkriege) übernehmen, und IMHO ihre (moralische)
> Verantwortlichkeit mit der Rolle variiert. Die Zählung erfolgt, in dem man
> versucht, alle Prozesse technisch zu separieren und in verschiedene
> Organisationen zu verlagern: 
> 
>  - Redakteur, der einen Text erstellt
>  - Inhalteanbieter, beispielsweise ein Verlag, der einen Text kauft und
> publiziert
>  - Webdesigner, der aus dem Text Webseiten macht
>  - Internet-Access-Provider (d.h. IP-Paket-Schaufler, i.A. Betreiber von
> Modems und Routern, mieten Überlandleitungen)
>  - Web-Hosting-Provider, bei dem die Seiten gespeichert werden
>  - Backbone-Provider, die den IAP's die unterliegende Infrastruktur
> vermieten (d.h. Bit-Schaufler, i.A. Betreiber von Telco-Vermittlungsstellen
> und Besitzer von Überlandleitungen)
>  - Proxy-Betreiber z.B. http://www.anonymizer.vom
>  - Firewall-Betreiber
>  - User
>  - welche habe ich vergessen?

vielleicht noch die des Aussuchers von Newsgruppen, die ueber seinen
Dienst abonniert werden koennen -- wiegesagt, 'fj.*' bekommt man nicht
ueberall, 'lrz.*' erst recht nicht.

> Jeder macht irgendwas - und IMHO sollte keiner für mehr verantwortlich
> sein, als er ohnehin tut, in anderen Worten: Keiner sollte dazu
> verpflichtet werden (oder besser: die Erlaubnis bekommen), mehr Daten zu
> erheben/verwenden/auswerten als für die reibungslose Erfüllung seiner
> technischen Rolle notwendig. Ausserdem gilt, aus rein praktischen
> Erwägungen: Die Beurteilung von Inhalten unterliegt dem Recht des Landes,
> in dem der Betreffende handelt. (Sonst ist jeder Verantwortlich nach dem
> Recht von rund 200 Staaten.)

Was waere beim Aussuchen von Newsgruppen die "technische Rolle"?
Oder beim Aussuchen von anderen ISPs, die vielleicht ihrerseits gewisse
Disziplin (z.B. Entanonymisierung, Durchsetzung einer gewissen
Zurechenbarkeit/Verhaltenkodexes) in ihrem eigenen Bereich ausueben?

> Die Schwierigkeit ist: Momentan können Staatsanwälte ISPs durch
> Beschlagnahmen zugrunderichten. Der "anschliessende" Prozess (CompuServe
> war im November '95, der Prozess ist jetzt!) ist dann nur noch von
> juristisch-akademischem Interesse.

Eben das ist wohl der Punkt: Abwaelzung allgemeiner
Probleme auf Einzelne, Unverhaeltnismaessigkeit der Mittel,
fehlende Rechtssicherheit, Raum fuer auf inkompetentem
Moralisieren beruhende Willkuer ...

- --
Hartmut Pilch <phm@a2e.de>
a2e Ostasien-Sprachendienste Pilch, Wang & Co 
http://www.a2e.de/oas/, Tel +49891278960-8



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