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Re: Schleifen, Schliff und Schuld, jesuitisch betoniert (was: Re: Blind Vision:



> (abschreck)

Mein Head-Browser akzeptiert nur Tags in <>, also wieder durchs
Filter in mich gefallen (veraltete Hardware) :-)

> Vorsicht, hartes Ei - tendenziell Gipsei.
> 
> "Dieser Text ist eine Zeitmaschine"
> 
> ist die zugehoerige Weicheiversion in de.org.ccc.
> Sie kann anstatt genossen werden.
> (/abschreck)
> 
> Ich beziehe mich erst jetzt auf Holger Veits Text vom 22.06.,
> weil die Schichtbildung bei Gipseiern und Perlen Zeit braucht.
> (...)
> >Hmmm. Es hat ein wenig gedauert, bis ich jetzt antworte. Ein paar Leute haben
> (...)
> Dieser Satz ist Indiz fuer Hirntaetigkeit vor Druecken der Sendetaste.

Rein rhetorisches Stilmittel. Ablagern lassen, bevor der Bloedsinn, der
einem direkt so einfaellt, dann doch abgelassen wird. Klappte bei Leserbrief-
Medien hervorragend - scheint auch elektronisch zu gehen.

> (...)
> >bezahlen. Ferner kann kein Anspruch auf ein bestimmtes Informationsmedium
> 
> Wenn die historische Neuheit Universalmedium auftaucht, doch :-)

Dieses "Wenn" ist ein "If", IMHO. Zwar werden wir in wenigen Jahren Speicher-
kapazitaeten haben, um ein ganzes Leben eines Menschen komplett in
MPEG aufzuzeichnen (A.C. Clarke spricht von 1E15 Bits in "3001"), aber
andererseits sind schon jetzt Probleme sichtbar, dieses Datenaufkommen 
permanent zu bewahren. Reality check: Wir haben 3000 Jahre alte Keilschrift-
Steintafeln aus Babylon, und 8"-Floppies, 128Byte hardsektoriert, nicht mal
20 Jahre alt, die kaum noch jemand lesen kann. Ich kann meine alten C64-
Disketten (1985) nicht mehr lesen, und in 20 Jahren wird jeder ueber angesichts
von Terabyte-DVD++^2-Scheiben oder Biospeichern (!= Gehirn) ueber die
laecherlichen 650MB-CDROMs lachen. Ich bin unlaengst noch ueber Kaypro-CPM-
Bootdisketten gestolpert, liessen sich sogar noch auf dem PC-Lesen; allein
mir fehlt die Hardware. M$ kommt puenktlich alle 2 Jahre mit einem
neuen WordXYZ-Format auf den Markt; schon jetzt kann man mit Word/DOS 5.0-
Dateien kaum noch was anfangen. Wer Daten konservieren will, wird nicht jetzt
anfangen, alles nach HTML/XML/RTF/PDF etc. zu konvertieren, in der Hoffnung,
dass eines dieser Formate in der naeheren Zukunft noch lesbar sein wird, 
sondern wird moeglichst unterschiedliche langlebige Medien weiterbenutzen.
Selbst mit saeurehaltigem Papier wird dies noch fuer laengere Zeit die
Existenzberechtigung fuer konventionelle Bibliotheken, Video- und Filmarchive
sein.

> Die Existenz eines Universalmediums erzeugt den Universalanspruch
> auf die Summe der bis dahin aufgelaufenen sozialen Erfindungen dazu
> und darin mindestens.
> Sowas passiert in einer Kulturgeschichte ziemlich genau einmal.
> Und das ist merkwuerdigerweise ziemlich genau jetzt.

Ca 100 Jahre zurueck in der Vergangenheit war man der Ansicht, die Physik sei
abgeschlossen, und es fehlten nur noch ein paar kleine Details beim
Verstaendnis der Bewegung von Koerpern mit einer Geschwindigkeit nahe c;
und dann kam da so ein Patentamtsbeamter. Heute glauben wir - auf einer
anderen Ebene - dass uns nur noch ein paar Zehnerpotenzen von Bits und ein
paar weitere Treppenstufen von Moore's Law fehlen, und wir haetten eine
Informationsgesellschaft. Jedes Medium ist ein Container fuer andere Medien,
und kein Medium macht ein frueheres Medium obsolet (McLuhan, 1964; er sagte
doch etwas mehr als das bekannte The Medium Is The Message).
IOW: ich habe bislang nur Theorien/Utopien/Dystopien von SF-Autoren, wie das 
Informationszeitalter aussehen wird, aber ich bezweifle, dass es die 
Grand Unification aller Medien auf digitalem Niveau sein wird.

> >Begriff "publiziert". Dadurch, dass ich mir irgendwo auf einem Rechner
> >eine Information wie z.B. "Wau ist dumm" in eine Datei geschrieben habe,
> >habe ich noch lange nichts publiziert (Hofstaedters strange loop: jetzt,
> >wo es jeder gelesen hat, ist es das doch :-) ). Genausowenig ist ein Dossier,
> 
> Dieser Brocken Dreck war wie bei einer Perle der Kristallisationspunkt.
> Hier hat Holger mich direkt angesprochen und folgende zwei Denkbrocken
> ins Rollen gebracht, also assoziativ verkettet hervorgeholt:

> Cat: A bug if documented is a feature
> Baz: Ein Hacker macht einen Fehler nur einmal. Fortan mit Absicht.

Assoziation: Publikation von "Wau ist dumm" als absichtliches Stilmittel,
um damit etwas zum Ausdruck zu bringen: sehr richtig: jedoch ist nicht das
factlet (if at all fact) als solches das Interessante, sondern die Tatsache,
dass es erst dadurch zur Information (d.h. etwas Neues, ein Bit, das der
Informationsempfaenger *so* nicht erwartet hat) wird, dass es dem Empfaenger
bekannt wird. Interessant an datensammelnden Behoerden ist nicht ausschliess-
lich, was sie alles ueber mich wissen, sondern *wer* alles *was* weiss und wer
nicht. Das ist Meta-Information, die fuer sich wieder speicherungswuerdig ist.

> (tauch ein)
> Das koennte fuer ein anderes Modell stehen: die Rekursion im
> Denken, die etwas neues hervorbringt, das benennbar ist.
> Linux kennt natuerliche Bengelmengen und Engelmangel.
> Das ist die Unterscheidung der weiblichen Versionen fuer
> Anwender und der maennlichen fuer Entwickler.
> Eine neue Release als Erkenntnisgewinn: kommt in die News.
> Formulierung und Gedankengeburtswehen wie dieser Text: ML.
> Soviel als kommunikatives Ideal - die Wirklichkeit ist rauher.
> (tauch auf)

Stephen Jay Gould zieht Evolution als Fortschrittsprozess in Zweifel.
Evolution optimiert nicht auf das beste Individuum hin (womit der Mensch
nicht die Krone der Schoepfung ist), sondern produziert zahllose Varianten
des Themas Leben. Das ist das Bazaar-Modell. Dummerweise gibt es
Umgebungsparameter, welche die Entwicklung einschraenken; weder ein
Mensch mit zwei Koepfen noch ein Linux auf einem NT-Kernel aufsetzend wird
in der realen Welt ueberleben. Damit werden moegliche Entwicklungswege
von Anfang an abgeschnitten. Das hat es mit einem Kathedralenmodell 
gemeinsam. Freie Rekursion ist ein alternatives Schema, um den verfuegbaren
Raum auszuloten. Bei begrenztem Raum stoesst man irgendwann an diverse
Grenzen, so dass man mit einer geeigneten Methode irgendwann ueberall im
Raum war. Bei unbegrenztem Raum klappt dieses nicht mehr. Das Problem ist 
nicht das mathematische Dilemma im Umgang mit Unendlichkeiten, sondern die
Tatsache, dass Du von einem bestimmten Startpunkt ausgegangen bist, der Dir
zwar immer noch ungeheuer viele Wege offenlaesst, aber keinen raumdeckenden
Graphen produziert. Dinosaurier hatten vor 65Mio Jahren ihre Chance, und wenn
Du in der Evolution weitersuchst, magst Du vielleicht irgendwann dreibeinige
und fuenfaeugige Nachfolger des Menschen finden, aber kaum noch einem TRex
begegnen. Linux ist der Startpunkt fuer die Unixrasse; unwahrschinlich, dass
es in Zukunft zum allerorten geliebten Windows-Nachfolger mutieren wird.
Cygnus kann soviel gcc fuer Lose95 produzieren, es wird nie ein Unix.

> Das ist die IMHO einzige Waffe, die Hubbert und Nolte geistig trifft.
> Gebraucht wird dazu ein funktionsfaehiger geistiger Hinterlader.

Vorausgesetzt, diese Parallelwelt ist von unserer aus erreichbar. Derzeit
ueberblicke ich nicht alle erreichbaren Welten. 

> Ob ich einen Text auf eine Festplatte schreibe oder auf einer
> Mailingliste oder in den News publiziere, ist ein Unterschied.
> Zur Trefferwirkung einer solchen Waffe gehoert eine mediale
> Verzoegerungszeit.

In ganz besonderem Masse auch das Zufallselement, etwa, dass PoPoRnojaeger
meinen Rechner mit dem bewussten Statement filzen und der CCC dann zufaellig
ueber einen Word98-Appendix in irgendeiner oeffentlichen Verlautbarung
stolpert.

> Dabei ereignete sich ein merkwuerdiges Problem.
> 
> Meine Netzpublikation "Dieser Text ist eine Zeitmaschine"
> 
> wollte ich via Dejanews als Crossposting einsenden an
> de.org.ccc und cl.magazine.mik
> Das ging nicht, die Fehlermeldung "SPAM DOMAIN" kam.
> Da habe ich es halt "anders" eingesandt.

Zufallselement?

> Anteil an der Textgenese bez. die Bilderfragen hat NachtKind
> mit dem Bild von mir vor dem Polizei-Edelweiss und am
> "strange loop" bez. Jesuiten ist Holger Veit schuld :-)

Warum habe ich am 22.6.98 nicht in der Nase gebohrt, statt die
Tastatur abzunutzen? Welche Wirkungen haette dieses gehabt?
Du haettest einen anderen Unterraum fuer Dich neuen Wissens gefunden.
Von da her bin ich recht skeptisch, ueberhaupt von Erkenntnis*gewinn*
zu sprechen, erscheint mir alles zu beliebig austauschbar zu sein.

> Das als Feststellung, damit sich die ggf. bei ihm beschweren
> koennen...

Fuer diesen Zweck habe ich eine Spezial-Emil-Adresse: veit@nospam.gmd.de

[...]

-- 
         Dr.-Ing. Holger Veit             | INTERNET: Holger.Veit"at"gmd.de
|  |   / GMD - German National Research   | Phone: (+49) 2241 14 2448
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